© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/22 / 21. Januar 2022

Die Ermordung des „jüdischen Usurpators“ Kurt Eisner
Auftakt zum Vernichtungskrieg
(dg)

Die russische Oktoberrevolution und die von ihr ausgelösten Versuche, in Mitteleuropa Räterepubliken bolschewistischen Musters zu errichten, hätten einen idealen Nährboden für die verschwörungsideologische Verquickung von „Umsturz und Antisemitismus“ gebildet, wie Frank Jacob (Nordische Universität Bodø) mit seiner Fallstudie über den kurzzeitigen bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner nicht sonderlich originell nachweist (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 12/2021). Eisner verkörperte für seine völkischen Feinde, unter denen die Agitatoren der sich formierenden NSDAP die aggressivsten Töne anschlugen, wie kein anderer den „landfremden Juden“. Den sie sowohl als Agenten des „Finanzjudentums“ wie auch als Abgesandten des „jüdischen Bolschewismus“ attackierten. Seine Ermordung im Februar 1919 wertet der kühne Konstruktionen nicht scheuende Jacob bereits als „Vorstufe des NS-Vernichtungsfeldzugs“ nach 1941. Zugleich bestätigt er damit explizit Ernst Noltes These, daß die NSDAP nur als „gegenrevolutionäre Bewegung“ zu verstehen sei. Wobei die Partei in der Einschätzung Eisners sogar mit der linksliberalen Frankfurter Zeitung übereinstimmte, die 1928, zum 10. Jahrestag der bayerischen Novemberrevolution, Eisner als „jüdischen Usurpator“ bezeichnete. 


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