© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/22 / 21. Januar 2022

Umwelt
Eingezäunte Wildpferde
Bernd Rademacher

Die Dülmener Wildpferde sind die letzten freilebenden Rösser Europas. Die 300 Tiere leben im etwa 400 Hektar großen Merfelder Bruch im Münsterland, das seit 1956 größtenteils ein Naturschutzgebiet ist. Der Fang einzelner Jährlingshengste zur nötigen Bestandsregulierung ist eine Touristenattraktion. Ansonsten bleiben sie von Menschen weitgehend unbehelligt. Laut Roter Liste gelten sie als extrem gefährdet. Und nun rückt der Wolf näher: Bereits 2020 wurde im Wildpferdegebiet ein Damwildriß bestätigt, das Wolfsgebiet Schermbeck liegt nebenan. Bis das Rudel der Wölfin „Gloria“ die Wildpferde angreift, will man aber nicht warten – auch weil das natürliche Fluchtverhalten der Pferde eine erhebliche Gefahr für den Straßenverkehr wäre. Ein zehn Kilometer langer Schutzzaun quer durch die Münsterländer Parklandschaft soll Isegrim nun von den Wildpferden abhalten – 1,80 Meter hoch und mit 40 Zentimeter Untergrabeschutz.

Die Kosten für das Mammut-Projekt der Wolfsbarriere sollen bei mindestens 750.000 Euro liegen.

Zusätzlich sollen auf der Oberkante zwei stromführende Drähte verlaufen und auf der Innenseite nochmals zwei. Dafür muß das Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet aufgehoben werden. Die Kosten für das Mammut-Projekt sollen bei mindestens 750.000 Euro liegen. Baubeginn soll im Sommer sein, doch wer bezahlt? Das Land NRW argumentiert, Wildpferde seien keine Nutztiere, die Tiere lebten nicht in einem Wolfsgebiet und fielen daher nicht unter die „Förderrichtlinien Wolf“. Eigentümer der Ländereien ist der Herzog von Croÿ. Der macht geltend, daß die Pferde ein Kulturgut sind, das unter Naturschutz steht. Damit doch Landessache? Im Frühjahr 2021 gab es in Deutschland 157 Wolfsrudel, 27 Paare und 19 Einzelgänger. Der „günstige Erhaltungszustand“ ist ein Euphemismus, das „Wolfsmanagement“ ein einziges Chaos, und mehrere „Wolfsberater“ haben bereits entnervt hingeschmissen, weil sie nicht mehr wußten, wie sie Weidetierhalter mit Floskeln abspeisen sollten.