© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/22 / 28. Januar 2022

Der Crash kommt
Bundespräsidentenwahl: Mit der Nominierung Max Ottes sorgt die AfD für viel Wirbel / Ihr Kandidat ist nun aus der CDU ausgeschlossen
Lukas Steinwandter / Christian Vollradt

Am Dienstag gab es den sprichwörtlichen weißen Rauch: Die AfD hat nun ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Nach – nicht untypisch – hitzigen internen Debatten im Parteivorstand zu Wochenbeginn einigte man sich auf den Investor und Wirtschaftspublizisten Max Otte („Der Crash kommt“). 

Der mediale Rummel war der Partei damit gewiß, als die beiden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Alice Weidel und Tino Chrupalla, ihren Kandidaten vorstellten. Denn Otte war da – noch – CDU-Mitglied und Vorsitzender der mittlerweile stark geschrumpften Basisbewegung Werte-Union. Die hatte noch ihrererseits den Ökonomie-Professor als vom neuen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zu unterstützenden Bellevue-Anwärter ins Spiel gebracht, als der Name Otte bereits in den Gremien der AfD kursierte.

Mit dem 57jährigen habe man jemanden, der ein „gutes Ansehen in der Öffentlichkeit“ genieße, so seine Befürworter in der AfD. Seine Nominierung soll maßgeblich von Parteichef Chrupalla betrieben worden sein. Wohl wissend, daß sein Co-Sprecher Jörg Meuthen und Otte in inniger Abneigung verbunden sind. Wegen des Vorwurfs, er habe hinter den Kulissen und im Verbund mit Anhängern des ehemaligen „Flügels“ gegen Meuthen Stimmung gemacht, mußte Otte sein Amt als Vorsitzender des Kuratoriums der Desiderius-Erasmus-Stiftung niederlegen. Zunächst hatte es im Bundesvorstand sechs Stimmen für und vier gegen Ottes Nominierung gegeben, zwei Mitglieder enthielten sich. In einer Sonder-Telefonkonferenz sprachen sich dann 14 der 16 Landesvorsitzenden für Otte aus.

In der CDU sorgte die Personalie für Empörung. „Das ist ein einzigartiger und außergewöhnlicher Vorgang“, sagte der ehemalige Vorsitzende Armin Laschet Teilnehmerkreisen zufolge in einer Sitzung. Auch der neue Parteichef Friedrich Merz nannte Otte einen Mann, der sich schon lange weit entfernt habe von der Union. Man werde ihm zeigen, „daß wir sehr schnell und sehr eindeutig handeln“, so Merz. Noch am Dienstag abend entschied der Bundesvorstand gemeinsam mit dem Vorstand der nordrhein-westfälischen und der Kölner CDU, Otte auszuschließen. Damit ist er kein CDU-Mitglied mehr. Der Nominierte wollte das nicht einsehen. „Das Amt des Bundespräsidenten steht über den Parteien“, hatte er zuvor noch der JUNGEN FREIHEIT gesagt.

Unterdessen gab der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, der zuletzt ruhendes Mitglied der Werte-Union war, seinen Austritt bekannt. Es sei für ihn „völlig inakzeptabel, daß der Chef der Werte-Union sich von der AfD zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominieren läßt und der Vorstand der Werte-Union das duldet“. Damit werde die Arbeit der Organisation diskreditiert. „Ich empfinde es als Verrat an den Mitgliedern. Ich hatte meine Mitgliedschaft in der Werte-Union ruhen lassen. Jetzt bin ich ausgetreten.“ Auch der konservative Politikwissenschaftler Werner Patzelt kehrte dem Verein den Rücken. Mit Ottes Schritt seien all jene in der CDU bestätigt worden, die in der Werte-Union nur eine Hilfstruppe der AfD gesehen hätten, kritisierte er.

Foto: Kandidat Max Otte (Mitte) mit den Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla: „Bundespräsident steht über den Parteien“