© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/22 / 28. Januar 2022

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Es ist genug für alle da
Paul Rosen

Die neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP hat sich bereits nach kurzer Amtszeit das Prädikat „Regierung der Superlative“ erworben. Dies betrifft aber nicht etwa die Leistung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Minister, sondern eine beispiellose Stellenaufblähung in den Ministerien. Mit dem neuen Bauministerium ist ein Höchststand von 16 Ministerien inklusive Kanzleramt erreicht worden. Die Zahl der Parlamentarischen Staatssekretäre stieg von 34 auf 37, die der beamteten Staatssekretäre sogar von 31 auf 37.

Dabei geschahen wundersame Dinge. So sicherte sich der neue Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen zusätzlichen Staatssekretärsposten, damit die Arbeit des Vizekanzleramts koordiniert werden kann. Vizekanzler in der vergangenen Legislaturperiode war der damalige Finanzminister Olaf Scholz, der für diese Aufgabe einen zusätzlichen Staatssekretärsposten bekommen hatte. Auch wenn der neue Finanzminister Christian Lindner (FDP) kein Vizekanzler geworden ist, den Staatssekretärsposten darf er behalten.

Ein Grund für die Stellenexplosion in der Leitungsebene der Ministerien liegt darin, daß die neue Regierung aus drei Fraktionen gebildet worden ist, während es in der Großen Koalition nur zwei Fraktionen waren. Zur Erfüllung der liberalen Personalwünsche bekam nicht nur Lindner einen zusätzlichen Staatssekretärsposten, sondern auch für Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wurde einer neu geschaffen. Dort sollte das Thema Mobilitätsdaten zusammengefaßt werden. Allerdings blieb dieser Themenbereich entgegen ursprünglicher Planung im Wirtschaftsministerium. Im Verkehrsministerium gab es trotzdem den zusätzlichen Posten.

Wie ein Stück aus dem Tollhaus liest sich die Stellenvermehrung in von den Grünen besetzten Ministerien. Im Auswärtigen Amt wurde eine neue Abteilung für internationale Klimapolitik eingerichtet. Entsprechend gab es einen weiteren Staatssekretär. Das Umweltministerium verlor die Zuständigkeit für internationale Klimapolitik, erhielt aber auch noch einen weiteren Staatssekretär. 

Allerdings hatten schon alle Vorgängerregierungen kräftig Personal aufgestockt. So stieg die Zahl der Ministeriumsbeschäftigten seit 2010 um 59 Prozent von 17.000 auf heute über 27.000. Im Dezember vorigen Jahres waren von der neuen Koalition bereits 176 neue Planstellen mit dem Nachtragshaushalt für 2021 geschaffen worden. Jetzt wurden in den Schlußberatungen für den Nachtragshaushalt noch einmal 148 Planstellen hinzugefügt. Dies ist verfassungsrechtlich sehr bedenklich, weil mit dem Haushalt 2021 Maßnahmen für das Folgejahr 2022 getroffen wurden und damit dem Etat 2022 vorgegriffen wurde. Von den 148 Planstellen zählen 49 zu den hochbezahlten Besoldungsgruppen B 3 bis B 9. 17 dieser Stellen gehen zu den von den Grünen besetzten Ministerien Umwelt, Außen und Wirtschaft.

Damit ist klar, daß ein alter Beamtenspottvers auch für die Grünen in der Regierung gilt: „B3 macht frei.“