© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/22 / 28. Januar 2022

Zurückrudern der Woche
Aus Versehen
Zita Tipold

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Gerade hatte die Entscheidung der lokalen Koalition aus SPD, CDU und FDP im Magistrat der Stadt Bremerhaven, künftig keine gegenderten Anträge und Vorlagen in der Stadtverordnetenversammlung mehr zu behandeln, für Furore gesorgt, da wurde der Beschluß auch schon wieder kassiert. „Wir möchten, daß Dokumente einfach lesbar sind“, hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende Hauke Hilz dem Fernsehmagazin „buten un binnen“ zur Begründung des ursprünglichen Beschlusses gesagt. „Es ist nicht unsere Absicht, Menschen auszuschließen.“ Statt Doppelpunkt oder Genderstern sei es besser, geschlechtsneutrale Formulierungen wie Lehrkräfte statt Lehrerinnen und Lehrer zu verwenden. Auch die CDU rechtfertigte die Entscheidung. „Es besteht keine Notwendigkeit, in Wörtern mit Doppelpunkten und Ähnlichem zu arbeiten. Es gibt kreativere Lösungen“, sagte ihr Fraktionschef Thorsten Raschen. Doch da hatten sie offenbar nicht mit der heftigen Gegenwehr der Landesfrauenbeauftragten der Hansestadt sowie der Grünen („Menschen sind nicht nur männlich oder weiblich“) gerechnet. Und so haben die Fraktionen von SPD, CDU und FDP in Bremerhaven ihr Gendersternchen-Verbot in Behördenschreiben wieder zurückgenommen. „Daß über den Ausschluß von Sonderzeichen der Eindruck entstanden ist, geschlechtliche Vielfalt, die sich auch in gendersensibler Sprache abbildet, sei uns egal, war weder unsere Absicht, noch deckt sich das mit unseren politischen Überzeugungen“, teilten die Fraktionsvorsitzenden der Parteien am Montag pflichtschuldigst mit. Die unterschiedlichen Reaktionen auf die Anordnung hätten ihnen gezeigt, daß der gewählte Weg nicht der richtige gewesen sei. Nun solle bitte der Bremer Senat für eine verbindliche gesetzliche Regelung auf Landesebene sorgen.