© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/22 / 28. Januar 2022

Politik, die Kinder um ihre Zukunft bringt
Paralyse des Bildungssystems
(dg)

Die aktuelle Diskussion um die Maskenpflicht in Schulen werde mit einer Vehemenz geführt, „als hinge allein davon der schulische Erfolg und die Zukunft unserer Kinder ab“. Für den Juristen Markus Warnke ist das eine typisch neudeutsche Scheindebatte, um von wirklichen schulpolitischen Problemen abzulenken. Die liegen für den Geschäftsführer der Wübben-Stiftung, einer der großen deutschen Bildungsstiftungen, die sich in der Förderung sozial benachteiligter Schüler engagiert, nicht zuletzt in der skandalösen Tatsache, daß jedes Jahr 20 Prozent der Kinder ihre Schule verlassen, ohne wichtigste Grundkenntnisse in Deutsch und Mathematik erworben zu haben. Damit stünden nicht nur die Lebenschancen jedes fünften Kindes auf dem Spiel. Es werde ungeachtet eines „riesigen Bedarfs an Fachkräften“ auch Humankapital verschwendet und mit der Verfestigung einer Unterschicht von „Abgehängten“ der gern beschworene „Zusammenhalt der Gesellschaft“ zerstört (Herder Korrespondenz, 12/2021). Diesen Übelstand habe zwar schon der „Pisa-Schock“ von 2000 offengelegt, doch an dieser „Paralyse des Bildungssystems“ habe sich seitdem nichts geändert. Zu Recht spreche der Bildungsökonom Ludger Wößmann daher davon, daß sich die einst weltweit führende Bildungsnation Deutschland „mitten im Abstieg“ befinde. Neben dem „Klimaschutz und all den anderen vermeintlich wichtigen Themen“ müßte die Ampelkoalition endlich eine Auseinandersetzung über die Qualität, die zukünftigen Aufgaben von Schule und über nationale Bildungsstandards in Gang setzen. Aber die Notwendigkeit einer Bildungsoffensive scheine Politikern immer noch nicht einzuleuchten. 


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