© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/22 / 04. Februar 2022

„Die Werte-Union ist tot“
Konservative in der CDU: Weil der Ex-Vorsitzende Max Otte auf Vorschlag der AfD als Bundespräsident kandidiert, treten Mitglieder aus
Christian Vollradt

Spätestens mit der Ankündigung Max Ottes, auf Vorschlag der AfD für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren (JF 5/22), scheint sich die Werte-Union (WU) erledigt zu haben. Zumindest in den Augen derer, die nun ihre Mitgliedschaft gekündigt haben. „Für mich ist es nun vorbei“, schrieb ein nordrhein-westfälisches Gründungsmitglied der Basisbewegung konservativer CDU/CSU-Mitglieder in einer Chatgruppe. „Ein Egotrip des Vorsitzenden und eine zu lasche Reaktion des restlichen Vorstands haben die WU als Wirkmittel in der CDU zerstört“, so das bittere Resümee zum Abschied. Erstaunlicherweise stammt es von jemandem, der die Wahl Ottes zum WU-Chef im vergangenen Jahr noch verteidigt hatte. Gegen jene, die schon damals die Anhänger des umtriebigen Fondsmanagers als „Totengräber“ der Organisation bezeichnet hatten. 

Auch Alexander Mitsch, der ab der Gründung vier Jahre lang an der Spitze der WU stand, sieht die Idee an ihr Ende gekommen. „Wie soll die Werte-Union in der CDU jetzt noch ernst genommen werden?“ meinte er resigniert gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Auch Mitsch, der im vergangenen Jahr aus der WU ausgetreten ist, hält es für ein Armutszeugnis, daß die Union keinen eigenen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl nominiert. Dennoch habe Otte mit seiner Bereitschaft, auf dem AfD-Billet anzutreten, massiven Schaden angerichtet. Das liege, so Mitsch, vermutlich an dessen extrem starken Ego. Möglicherweise stehe dahinter aber auch das langfristige Ziel, die Konservativen in der CDU zu schwächen, um so der AfD zu nutzen. Die Distanzierung durch den Vorstand sei zu spät erfolgt, um noch glaubwürdig zu wirken. In der Union könne die WU nichts mehr bewirken, sie habe keinerlei Einfluß mehr. Der „AfD-Schatten“ darüber sei zu groß. Ausgerechnet jetzt, wo die Basisbewegung „die Prätorianergarde“ für Friedrich Merz sein könnte, die ihn unterstützen und fordern müsse, das umzusetzen, für das er gewählt wurde, so Mitsch.

Nachdem die CDU bereits vergangene Woche Max Otte mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen hatte, war er am Wochenende vom Vorsitz der WU zurückgetreten. Der verbliebene Vorstand „dankte ihm für seine Bereitschaft, durch diesen Schritt weiteren politischen Schaden von der Werte-Union abzuwenden“. Auf die Frage der jungen freiheit, ob er (partei-)rechtliche Schritte gegen die sofortige Suspendierung seiner CDU-Mitgliedschaft einleiten werde, teilte Otte mit, er kommentiere während seiner Kandidatur die Parteipolitik nicht, da der Bundespräsident überparteilich sei. Nach seiner Kandidatur werde er sich „aus der Parteipolitik zurückziehen und kein Mandat anstreben“. Mit Themen wie der Verarmung der Mittelschicht oder Einschränkung von Grundrechten habe er sich „als Redner, Autor und Publizist schon seit vielen Jahren“ befaßt, sagte Otte der JF. „Das war vor meiner parteipolitischen Phase so und das wird auch danach so sein.“

Die Werte-Union „ist tot“, meint auch Juliane Ried. Die junge CSU-Frau aus der Oberpfalz hatte gegen Otte bei der Vorsitzwahl kandidiert und knapp verloren. Daraufhin hatten sich die Mitglieder des Konservativen Aufbruchs der CSU aus der WU verabschiedet. Ried warf gegenüber der Nachrichtenagentur idea Otte vor, er habe die WU „dreist getäuscht“, durch „parteitaktische Spielchen im Auftrag der AfD mißbraucht und damit leider zerstört“.