© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/22 / 04. Februar 2022

Meldungen

Völker und Familienbild: „Völlig überholte“ Ansätze

MÜNSTER. Neurechte Christen nutzten zur Begründung ihrer politischen Positionen theologische Einsichten wie die des Pfarrers und NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer, beklagt der Sozialethiker und evangelische Theologe Arnulf von Scheliha vom „Exzellenzcluster Religion und Politik“ der Universität Münster. „Damit legitimieren sie ihr Streben nach einer antipluralen Gesellschaftsordnung, die sie früheren Epochen zuschreiben.“ Ihre Kritik an modernen Gesellschaften begründeten Rechte mit der Vorstellung von einer festen Schöpfungsordnung. Diese habe in der evangelischen Theologie zwar eine lange Tradition, „von der auch der junge Dietrich Bonhoeffer nicht frei gewesen“ sei. Dazu gehöre ein klassisches Ehe- und Familienverständnis, aber auch die Einteilung der Menschen in unterschiedliche Völker, was der neurechten These des Ethno­pluralismus Vorschub leiste. Doch damit blendeten rechte Christen heute „die zwischenzeitliche Lerngeschichte der Theologie“ aus und verträten damit „völlig überholte“ Ansätze. Einen Vergleich dazu findet von Scheliha in der Auslegung des Grundgesetzes: „Rechte lesen es als Gründungsdokument des deutschen Nationalstaates, dessen oberste Priorität die Wahrung der deutschen Identität und Souveränität sein soll. Grundrechte sind nachrangig“, so der Theologe, auf dessen Buch „Christentum von rechts“ die Universität Münster in einer Presseerklärung vom 25. Januar hinweist. (bä)

 www.uni-muenster.de





Neue Eindrücke vom Wrack eines Sklavenschiffs 

LONG ISLAND CITY. Am 1. Januar 1808 trat in den USA ein Gesetz in Kraft, mit dem der transatlantische Sklavenhandel verboten wurde. Dennoch segelten weiter amerikanische Schiffe nach Afrika, die Nachschub an schwarzen Arbeitskräften in die Vereinigten Staaten brachten. Die wahrscheinlich letzte dieser Fahrten unternahm der Schoner „Clotilda“. Im Mai 1860 kaufte dessen Kapitän William Foster 124 Kriegsgefangene des Königs von Dahomey an der westafrikanischen Küste der Bucht von Benin für einhundert Golddollar „pro Stück“ und setzte diese zwei Monate später in der Mobile Bay an der Küste von Alabama an Land. Anschließend zündete er den Zweimaster an, um alle Beweise für das Unternehmen zu vernichten. Allerdings fing die „Clotilda“ nur zum Teil Feuer und sank dann auf den Grund des Mobile-Tensaw-Deltas. Dort wurden die Überreste des Holzschiffes 2019 entdeckt. 2021 untersuchte ein Team unter der Leitung des Unterwasserarchäologen James Delgado von der Firma Search Inc. das Wrack mittels Sonar und stellte dabei fest, daß zwar dessen Oberdeck fehlt, aber das Sklavengefängnis weiter unten noch vollständig intakt ist (Archaeology Magazine 1/2021). Nun wird eine Hebung des historischen Denkmals erwogen. (ts)

 www.archaeology.org/news





Erste Sätze

An einem Februartag im Jahr des Herrn 638 ritt der Kalif Omar auf einem weißen Kamel in Jerusalem ein.

Steven Runciman: Geschichte der Kreuzzüge, München 1957





Historisches Kalenderblatt

5. Februar 1952: Der Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, legt im Rahmen des „Nationalen Aufbauprogramms Berlin“ im besonders stark zerstörten Stadtbezirk Friedrichshain den Grundstein für das prestigeträchtige Wohnungsbauprojekt Arbeiterpaläste in der Stalinallee.