© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/22 / 04. Februar 2022

Haltungsnote
Großzügige Vermieterin
Gil Barkei

Viele deutsche Metropolen wandeln sich zu Disney Lands für Reiche und Investoren. Mieten und Eigentumspreise steigen rasant. Durchschnittsbürger und -verdiener können sich das Wohnen in der Innenstadt oft nicht mehr leisten. Ganz vorne dabei: München. Doch Gisela Aeckerlein möchte auch weiterhin ganz normale Menschen in ihrer Nachbarschaft haben und ihnen die Möglichkeit bieten, zentral zu leben. „Wohnen gehört für mich zum Grundrecht“, erklärt sie SternTV ihren Standpunkt. Im beliebten Glockenbachviertel in der bayerischen Landeshauptstadt besitzt die 82jährige in der dritten Generation ein Mehrfamilienhaus – pures Betongold. Aber anstatt zum Lebensabend den großen Reibach zu machen, vermietet die pensionierte Lehrerin ihre Wohnungen zu äußerst fairen Preisen: neun Euro verlangt sie pro Quadratmeter, etwa die Hälfte dessen, was sonst in dem hippen Bezirk verlangt wird. Eine gezielte soziale Unterstützung der gewachsenen Mieterschaft, während ehemalige Nachbarn aus der Umgebung wegziehen mußten, weil sie die Wohnkostensteigerungen in der Straße nicht mehr stemmen konnten. Damit diese großzügige Geste auch in der folgenden Generation weiterlebt, möchte Aeckerlein die Immobilie an ihren Nachwuchs weitervererben. Doch der Tochter graut es vor der üppigen Erbschaftssteuer: Die fällige Zahlung an den Staat, die sich am Wert des Objekts orientiert, könnte sie dazu zwingen, das Haus zu verkaufen.