© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/22 / 11. Februar 2022

Wahl des Bundespräsidenten
Der falsche Mann
Moritz Schwarz

Ist der am Sonntag zu wählende Bundespräsident das „überflüssigste“ Amt der Welt, wie der Spiegel einmal meinte? Im Gegenteil, wohl nie war es wichtiger als heute! Daß dennoch vielfach wie im Spiegel über es gedacht wird, dazu hat allerdings auch sein Inhaber kräftig beigetragen – weil er sein Amt offensichtlich gar nicht versteht. Längst wird der 66jährige Sozialdemokrat als „Frank-Spalter Steinmeier“ verspottet. Und diese Kritik trifft den Punkt.

Denn im Gefüge von Staatsaufbau und Gewaltenteilung ist der Bundespräsident in der Tat überflüssig: Weder kommt ihm, mangels Macht, ernsthafte Kontrollfunktion zu, noch, mangels Volkswahl, besondere Legitimation. Der Sinn des Amtes ist ein anderer, er entspringt der Idee, daß Staat und Regierung zweierlei sind: Der Kanzler vertritt die Mehrheit, die ihn stützt, der Bundespräsident dagegen den Staat, also das große Ganze, das über Parteien, Interessen, Ideologien und Regierung steht. Damit muß er natürlich auch die Mehrheit repräsentieren, aber anders als die Regierung nicht konfrontativ, sondern integrativ, vermittelnd, daß der Staat der Staat aller Bürger ist. 

Steinmeier jedoch hat eklatant gegen diesen Auftrag verstoßen, hat sich mehrfach vehement bis aggressiv auf eine Seite gestellt, die andere attackiert. Damit hat er sich zur Außenstelle der Regierung gemacht – und sein Amt in der Tat „überflüssig“. Oder anders formuliert: Der Mann, der am Sonntag erneut Bundespräsident werden wird – will dies eigentlich gar nicht sein.