© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/22 / 11. Februar 2022

„Ein Erfolg für Deutschland“
Arbeitsmarkt: Das Institut der deutschen Wirtschaft analysierte die Zuwanderung aus Indien
Fabian Schmidt-Ahmad

Die neue Bundesregierung will „einen Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik gestalten, der einem modernen Einwanderungsland gerecht wird“. Was das konkret heißen soll, darüber schweigen sich die Ampelkoalitionäre freilich aus. Wunsch und Realität dürften weit auseinanderklaffen. Denn unter der Überschrift „Integration, Migration, Flucht“ geht es vor allem um „Duldungstatbestände“, „Bleiberecht“ oder ein „Bundesprogramm zur Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration von Menschen aus (Süd)ost-Europa“. Es geht also vor allem um die Verstetigung der „Armutszuwanderung“ aus aller Herren Länder. Die Folgen lassen sich in den Schulen und in den sozialen Brennpunkten deutscher Großstädte beobachten.

In diese Situation platzt nun eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die politische Sehnsüchte scheinbar bedient, indem sie den Blick auf eine Einwanderergruppe lenkt, die tatsächlich diesen Wunschvorstellungen zu entsprechen scheint. „Zuwanderung aus Indien – ein großer Erfolg“ lautet wenig zurückhaltend das IW-Papier. Dessen Autor Wido Geis-Thöne kann allerdings mit Zahlen aufwarten, die ein deutlich anderes Bild im Vergleich zu anderen Einwandergruppen zeichnen. Über 18.000 Personen mit indischer Staatsangehörigkeit arbeiten mittlerweile in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) in Deutschland. Das ist etwa doppelt soviel wie die folgende Gruppe der Italiener mit etwas über 9.000 Personen.

Der Anteil der Inder an der deutschen Wohnbevölkerung hat stark zugenommen. Lag dieser in den 1970er Jahren bei etwa 8.000 Personen, stieg dieser in den 1980ern auf 27.000, um bis zur Jahrtausendwende nur wenig anzuwachsen. Das änderte sich erst danach, als die Population zügig auf zuletzt über 150.000 im Jahr 2020 stieg. Ein Grund dürfte die erste Internetblase und Anwerbebestrebungen der damaligen rot-grünen Bundesregierung („Green Card“) gewesen sein. Dank des CDU-Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers schafften es die „Computer-Inder“ sogar in den NRW-Landtagswahlkampf des Jahres 2000.

Der Erfolg der Inder spiegelt sich auch in dem verhältnismäßig großen Anteil Erwerbstätiger wider. Rund 65.000, also etwas weniger als die Hälfte, war im März 2020 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dabei erzielten sie 2020 den hohen Medianlohn von 4.842 Euro (Deutsche 3.541 Euro, Ausländer 2.638 Euro). Der mitgekommene Ehepartner muß daher oftmals nicht arbeiten und kann sich um die Kinder kümmern. Auch beim Aufenthaltstitel wird die Sonderstellung deutlich: Von allen Personen aus einem Drittstaat, die sich zur Erwerbstätigkeit in Deutschland aufhalten, waren 2020 11,3 Prozent Inder. Und die sich wegen einer Ausbildung hier aufhielten, waren es zu  10,3 Prozent.

Familiennachzug in der gleichen – gehobenen – sozialen Schicht

Umgekehrt besaßen lediglich 0,4 Prozent der Inder ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen wie beispielsweise Asyl. Wenig politisch korrekt stellt Geis-Thöne mit als Grund „für den Erfolg Deutschlands bei der Zuwanderung aus Indien“ fest, „daß aus Indien nie in größerem Maße Personen im Fluchtkontext oder im Rahmen sonstiger irregulärer Migration nach Deutschland gekommen sind“. Mit anderen Worten: Eine Einwanderung in das deutsche Sozialsystem konnte nie beherrschendes Motiv für Migration werden.

Wenn Geis-Thöne anmerkt, daß der „geforderte Nachweis eines gesicherten Einkommens“ für Personen mit einem niedrigen Wohlstandsniveau „ein unüberwindliches Hindernis darstellen“ würde, beschreibt er zugleich einen Sicherungsmechanismus. Der weitaus stärkste Schutz unserer Sozialsysteme dürfte jedoch das indische Kastensystem mit seiner Immobilisierung der Armen darstellen, wie der Autor indirekt auch einräumt. So finde ein Familiennachzug nur in der gleichen – gehobenen – sozialen Schicht statt. „Daher ist für die nächsten Jahre auch nicht mit einem starken Anstieg der niedrigqualifizierten Zuwanderung aus Indien zu rechnen, sofern Deutschland nicht gezielt Zugangswege für niedrigqualifizierte indische Arbeitskräfte öffnet.“ Damit hat aber Geis-Thöne zugleich auch das wichtigste Kriterium genannt, warum die Einwanderung aus Indien nach seinen Worten „ein großer Erfolg“ werden konnte. Indem Deutschland eben wenig bis keine Zugangswege für Niedrigqualifizierte zuläßt. Wirtschaftsminister Robert Habeck will dennoch „die rechtlichen Voraussetzungen ändern, damit Zuwanderer leichter Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt bekommen“.

Wer glaubt, hier ein Argument gefunden zu haben, weiter jeden unkontrolliert nach Deutschland zu lassen und am besten die europäische Außengrenzen niederzureißen, wird enttäuscht werden. Eine erfolgreiche Einwanderungsgeschichte heißt eben nicht, Europa gleich an den Subkontinent grenzen zu lassen, sondern hohe qualitative Ansprüche an die Einwanderer zu stellen. So fordert Geis-Thöne unter anderem „die Schaffung von Zugangswegen für Personen mit guten Integrationsperspektiven über ein Punktesystem“. Der Ampelkoalition geht es eher um ein „Chancen-Aufenthaltsrecht“ für Menschen, die „seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind“ – von echter Qualifikation ist keine Rede.

Was die übrigen Vorschläge der IW-Studie betrifft, so sei deren Sinn dahingestellt. Geis-Thöne empfiehlt, „die Zuwanderung über das Bildungssystem“ zu fördern: „Für Deutschland hat es den Vorteil, daß die Qualifikationen in der Regel noch paßgenauer den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarkts entsprechen und die Zuwanderer beim Arbeitsmarkteintritt bereits über gute Deutschkenntnisse verfügen.“ Hier wird freilich unterschlagen, daß dieser Studienplatz dann einem Einheimischen oder EU-Bürger fehlen wird.

Schlußendlich ändert dies nichts an dem grundlegenden Mißverhältnis der Geburtenrate, das stark mit dem unterschiedlichen Frauenbild zusammenhängt. Importieren wir uns geburtenstarke Völker, importieren wir uns auch den Konflikt dieses Unterschiedes. Und irgendwann wird es einem hier lebenden Inder schwierig zu erklären sein, warum ihm der größte Teil des Einkommens weggenommen wird, um Dinge wie eine Genderprofessur zu finanzieren, wo eine kinderlose Akademikerin die Kinderlosigkeit wegen dem Klimaschutz propagiert.

„Zuwanderung aus Indien: Ein großer Erfolg für Deutschland“ (IW-Report 1/22): www.iwkoeln.de