© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/22 / 11. Februar 2022

Filmkritik Hollywood-Story
Abrechnung mit der Filmindustie
Werner Olles

In den Thrillern und Melodramen der 1950er Jahre verlagerte sich die Faszination von den Figuren selbst immer öfter auf die Entwicklung der bisweilen tödlichen Intrigen. „Hollywood-Story“ („The Big Knife“, USA 1955) ist die Geschichte eines männlichen Filmstars, der das gleichnamige Bühnendrama von Clifford Odets zugrunde liegt. Robert Aldrichs („Ardennen 1944“) fundamentale Attacke gegen die größte Filmmetropole der Welt zählt zu den besten „Anti-Hollywood-Hollywoodfilmen“ in der Tradition von Billy Wilders Klassiker „Sunset Boulevard“.

Der skrupellose Produzent und Studioboß Stanley Hoff (Rod Steiger) möchte unbedingt einen neuen Vertrag mit dem erfolgreichen Star Charlie Castle (Jack Palance) abschließen. Doch Charlie zögert, weil seine von ihm getrennt lebende Frau Marion (Ida Lupino) versprochen hat, zu ihm zurückzukehren, wenn er sich von dem geldgierigen, zwielichtigen Hoff trennt. Zudem will er auch selbst aus dessen Abhängigkeit herauskommen, um bessere und intelligentere Filme drehen zu können.

Der cholerische und durchtriebene Hoff hat jedoch ein massives Druckmittel gegen Charlie in der Hand, der vor einigen Jahren betrunken mit seinem Wagen einen Menschen überfahren und getötet hat. Nur Hoff weiß um das schreckliche Unglück, das auf seinen Befehl der unbedeutende Angestellte Buddy Bliss (Paul Langton) auf seine Kappe nahm. Zu allem Überfluß hat Charlie mit dessen Ehefrau Connie (Jean Hagen) eine Affäre begonnen. Hoff setzt Charlie so lange unter Druck, bis dieser schließlich nachgibt. Doch jetzt droht das Starlet Dixie Evans (Shelley Winters), das damals mit Charlie im Wagen saß, auszupacken …

„Hollywood-Story“ ist nicht nur eine zynische Abrechnung mit der Filmindustrie, sondern eine gelungene Mischung aus hartgesottenem Thriller und milieukritischem Melodram. Aldrichs Porträt des Kampfes zwischen einem bei all seinen Schwächen anständigen und sensiblen Mann und einem bis zur letzten Konsequenz gewissenlosen Studioboß ist eine der ehrlichsten, schonungslosesten und zugleich pessimistischsten Darstellungen der Abgründe Hollywoods. Überzeugend vollendet wird die Handlung durch eine perfekte Schwarz-Weiß-Skizzierung (Kamera: Ernest Laszlo), Aldrichs souveräne Regie und die packende schauspielerische Leistung von Jack Palance, Rod Steiger und Ida Lupino in den Hauptrollen.

Blu-ray: Wildgänse 2 – Sie fliegen wieder. Pidax Film-Klassiker 2021, Laufzeit etwa 125 Minuten