© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/22 / 11. Februar 2022

Gaming-Giganten rüsten auf
Große Tech-Unternehmen kämpfen um Entwicklerstudios und Spieler
Eric Steinberg

Im Leben gibt es Grundsatzfragen, denen es sich zu stellen gilt: Hund oder Katze, Kaffee oder Tee, Sommer oder Winter. Auch in der Gamingwelt werden Spieler mit einem ähnlichen Entscheidungsdruck konfrontiert: Xbox oder PlayStation? 

Hinter letzterem steckt jedoch nicht nur die Frage nach der favorisierten Konsole. Es geht auch um den Wettkampf der Technik-Unternehmen Microsoft, das 2001 die erste Xbox auf den Markt brachte, und Sony, das bereits 1994 den Release seiner ersten PlayStation feierte. 

Vereinigte Staaten gegen Japan

Das Rennen der beiden Giganten besteht schon seit Jahrzehnten, hat aber seit dem 18. Januar dieses Jahres neue Fahrt aufgenommen. An diesem Tag verkündete der amerikanische Konzern des Gründers Bill Gates die Übernahme des Computer- und Videospielunternehmens Activision Blizzard. Stolze 68,7 Milliarden US-Dollar wird die Übernahme kosten. Damit ist es die bis dato mit Abstand teuerste Übernahme eines Videospielentwicklerstudios. Die alte Rekordsumme von 12,7 Milliarden Dollar, die nicht einmal zwei Wochen zuvor durch den Spielepublisher Take Two mit der Übernahme des Spieleproduzenten Zynga aufgestellt wurde, wird damit bei weitem übertroffen.

Wenn die US-Kartellbehörden dem Microsoft-Deal zustimmen, ist das Unternehmen im Besitz von 32 eigenen Entwicklerstudios und Sony damit unter enormem Zugzwang. Zwar werden viele der großen Spielereihen wohl auch weiterhin für beide Konsolen erhältlich sein, kommt es jedoch zu Exklusivtiteln, muß die Gegenseite mit finanziellen Einbußen rechnen. Auch der Aktienkurs Sonys sank nach Verkündung des Deals um dreizehn Prozent. 

Doch damit nicht genug. In der Branche werden exklusive Rechte immer essentieller, um Kunden an die Konsole zu binden und Neukunden zu gewinnen. Ein Verlust des Sony-Erfolgsgaranten „Call of Duty“ an Microsoft beispielsweise wäre folgenschwer. Auch deshalb konterte der japanische Elektronikkonzern nun mit der Übernahme der Bungie Studios – Entwickler von Titeln wie „Halo“ – für die vergleichsweise niedrige Summe von 3,6 Milliarden Euro. 

Im Wettkampf scheint aktuell jedoch Microsoft die Nase vorn zu haben und sich zum Gaming-Monopol hochzuarbeiten. Der Grund: Activision Blizzard hat mit „World of Warcraft“, „Diablo“ oder auch dem Handyspiel „Candy Crush“ ein paar der umsatzstärksten Spiele aller Zeiten im Portfolio. Auch im vergangenen Jahr befanden sich zwei Titel der Kriegsspielreihe „Call of Duty“ unter den beliebtesten Spielen in Deutschland. „Black Ops Cold War“ erreichte Platz zehn, „Vanguard“ Platz elf. Auf den vorderen Plätzen reihten sich die Titel der anderen großen Player ein.

Den ersten Platz erreichte der Klassiker „FIFA 2022“ von Electronic Arts, dahinter landen „Grand Theft Auto V“ von Rockstar Games und „Mario Kart 8 Deluxe“ von Nintendo. Das japanische Unternehmen mit legendären Spielereihen wie „Mario“, „Pokemon“ oder auch „The Legend of Zelda“ ist der dritte große Videospiel- und Konsolenhersteller, der um die Gunst der Spieler buhlt. Im Unterschied zu Microsoft und Sony hat es Nintendo allerdings nicht nötig, sich auf einen direkten Konkurrenzkampf einzulassen. Die eigenen Franchises sind zu stark und befinden sich daher außer Konkurrenz. Allein „Mario Kart 8 Deluxe“ verkaufte sich etwa 43 Millionen Mal. Auch die Verkäufe der Nintendo-Konsole Switch können sich sehen lassen: Bis Dezember wurden von ihr etwa 104 Millionen Exemplare verkauft. Aus dem eigenen Haus sind lediglich der Game Boy und der Nintendo DS mit 118 beziehungsweise 155 Millionen Stück erfolgreicher. 

Online-Angebote werden immer entscheidender

Die meistverkaufte Konsole bleibt die PlayStation 2. Etwa 156 Millionen gingen davon über die Ladentheke. Im Moment kann die Switch die Verkaufszahlen aber weiter ausbauen: Im Gegensatz zur aktuellen Xbox Series X und der PlayStation 5 ist sie noch im Handel erhältlich und hat deutlich weniger mit Lieferengpässen zu kämpfen. 

Der große Machtkampf der Unternehmen hat auch Auswirkungen auf die Spielerschaft. Kommt es zu Exklusivrechten an Spielen, müssen sich die Gamer entscheiden. Nur die wenigsten besitzen ausreichend finanzielle Mittel, um die Kosten für mehrere Konsolen aufzubringen. Die reguläre PlayStation 5 kostet aktuell 499 Euro, die Xbox Series X ist für den gleichen Preis erhältlich. Argumente für die jeweilige Konsole liefern die Hersteller mit ihren Abonnement-Diensten Game Pass und PlayStationNow. Wer dort die besten Spiele und lukrativsten Angebote vorweisen kann, könnte letztendlich das Rennen entscheiden. Aktuell bietet Microsoft das breiteste Portfolio.