© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/22 / 11. Februar 2022

Getrieben vom radikalen Freund-Feind-Denken
Hugenberg, der glücklose Spalter
(dg)

Einig sei sich die Geschichtswissenschaft nur über die „verhängnisvolle Rolle“, die der deutschnationale Parteiführer Alfred Hugenberg in der Endphase der Weimarer Republik gespielt hat. Auffällig sei jedoch, wundert sich der niederländische Historiker Ivo van Donselaar, daß es keine Übereinstimmung in der Frage gebe, was den Medienmogul dazu bewog, seine Partei seit 1928 zu radikalisieren und schließlich daran mitzuwirken, Adolf Hitler zum Reichskanzler zu machen (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 10-2021). Habe Hugenberg dabei die Interessen der Schwerindustrie vertreten, wollte er eine „alldeutsche Diktatur“ errichten oder ging es ihm um die Steigerung persönlicher Macht, wie der Bonner Zeithistoriker Karl Dietrich Bracher meinte? Fragen, die weiterhin im Raum stünden, weil Hugenbergs Weltbild „erstaunlich unscharf“ geblieben sei. Zu wenig sei beachtet worden, daß dieser „Führer ohne Volk“ kein bürgerlicher Nationalist, sondern ein völkischer, obschon nicht antisemitischer Fundamentalist gewesen sei, dessen Politik ein „radikales Freund-Feind-Denken“ bestimmte. Damit habe er die Nation „spalten“ wollen, um die Republik zu beseitigen. Mit der Folge, daß er sein „geliebtes Vaterland“ einem Mann auslieferte, „dessen Radikalität die des DNVP-Vorsitzenden bei weitem übertraf“. 


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