© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Éric Zemmour hat angekündigt, daß er – für den Fall seiner Wahl zum französischen Staatspräsidenten – jeder Mutter, die in den ländlichen Gebieten ein Kind auf die Welt bringe, 10.000 Euro aus der öffentlichen Kasse zahlen lassen werde.

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Nach einer Recherche des Middle East Forum – einer konservativen Denkfabrik in den USA – haben die arabischen Petromonarchien, vor allem Saudi-Arabien und Qatar, seit Beginn des neuen Jahrhunderts fast eine Milliarde Euro nach Europa fließen lassen, um muslimische Organisationen zu fianzieren. Das alles geschieht unter dem Deckmantel karitativer Tätigkeit, während faktisch Vereinigungen und Moscheen aufgebaut werden, die dem Islamismus Vorschub leisten.

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In diesem Frühjahr wird Clotilde Forgeot d’Arc bei den Feiern in Orléans die Nationalheilige Frankreichs verkörpern. Es handelt sich um eine Nachfahrin des Pierre d’Arc, Bruder der Heiligen Johanna.

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Meine Feststellung, daß der Konservative Anti-Apokalyptiker sei, hat hier und da für Irritation gesorgt, bei manchem sogar die Vorstellung geweckt, es habe sich um ein Plädoyer für Optimismus gehandelt. Nichts dergleichen. Aber es bleibt die konservative Skepsis gegenüber den Hysterikern und das Selbstverständnis als katechontische, den Jüngsten Tag aufhaltende, Kraft.

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Bildungsbericht in loser Folge: Rainer Werner, vormals selbst Lehrer, hat ein paar erwägenswerte Überlegungen zur Krise dieses Berufs angestellt. Auch seiner Analyse, daß von der Amtsautorität des Lehrers nichts mehr übrig ist, sondern nur noch die persönliche wirkt, kann man beipflichten. Allerdings verkennt Werner, daß es sich dabei lediglich um einen Notbehelf handeln darf. Denn es bleibt inakzeptabel, dem einzelnen Pädagogen – eingekeilt zwischen desinteressierter Verwaltung, „politisch“ operierenden Vorgesetzten, nur am Weiterkommen ihrer Kinder orientierten Eltern und einer Schülerschaft, die es gewohnt ist, hofiert zu werden – die Ausübung seines Berufs allein aus eigener Kraft aufzuhalsen. Nebenbei: Das Land Sachsen-Anhalt sucht neue Lehrer schon mit Hilfe von Headhuntern.

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„Bis mindestens zum Ende der DDR durchzog ein verborgenes Wurzelwerk den Boden der deutschen Medienlandschaft: Ideologische Überzeugungstäter mit Mikrofon und Schreibmaschine, die heute wohl ‘Aktivisten’ heißen würden, ließen sich von der Stasi anwerben, in Desinformations- und Zersetzungstaktiken schulen oder mit eigens fabriziertem Material zur Publizierung versorgen. Täter, die Wahrheiten nicht ergründen, sondern konstruieren wollten. Möglichst schon in jungen Jahren an vielversprechenden Positionen im Medienbetrieb kontaktiert, nahmen sie langsam die Stufen auf den Karriereleitern – um immer wertvollere Dossiers liefern oder Desinformationskampagnen betreiben zu können.“ (Oliver Driesen in einem – unbedingt lesenswerten – Beitrag auf www.publicomag.com über den Stasi-Einfluß auf westdeutsche Medien)

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Nach Kohls Strickjacke konnte man meinen, weniger Stil gebe es nicht. Aber nun haben wir Scholzens Pulli.

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Risikogesellschaft: Der Maler Albrecht Dürer hatte siebzehn Geschwister, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichten; darunter sein Bruder Hans, der dritte, dem der Vater diesen Namen gegeben hatte.

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Diejenigen, die nun davor warnen, die Fehler der Appeasement-Politik zu wiederholen, verkennen, daß es sich dabei nicht etwa um eine höhere Form der Blauäugigkeit handelte, sondern um das Kalkül einer altgedienten Weltmacht, der niemals eingefallen wäre, in die plumpe Falle eines Kriegstreibers zu gehen. Appeasement bedeutete eben nicht nur „Frieden für unsere Zeit“, sondern eine Verschnaufpause, um den Ernstfall vorzubereiten. Ein Blick auf die Entwicklung der Staatsausgaben des Vereinigten Königreichs oder die ansteigende Kurve der Flugzeugproduktion belehren darüber, was in prekären Situationen Realpolitik ist.

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Schon vor Jahrzehnten hat Erik von Kuehnelt-Leddihn eine „Sehnsucht nach den Katakomben“ unter christlichen Theologen ausgemacht. Er meinte damit vor allem die Erwartung, daß der Verlust der weltlichen und organisatorischen Machtstellung der Kirchen zu einer Selbstreinigung und Erneuerung führen werde. Dabei war sicher auch Sozialromantik im Spiel und irgendeine „Theologie der Befreiung“, aber den Ausschlag dürfte doch der Wunsch gegeben haben, endlich den Wahrheitsanspruch der eigenen Lehre loszuwerden und im größeren gesellschaftlichen Ganzen aufzugehen. Dem wird vielleicht in Zukunft Genüge getan, wenn auch auf andere Weise als erwartet: die Koalition plant die Beschneidung der kirchlichen Sonderrechte, und in diesem Jahr verliert das Christentum in Deutschland seine statistische Mehrheit.

Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 4. März in der JF-Ausgabe 10/21.