© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Den produktiven Sektor knebeln
Bildungsbetrieb: Der Leipziger Bevölkerungswissenschaftler Volkmar Weiss widmet sich seit Jahrzehnten der Intelligenzforschung
Thorsten Hinz

Die Annahme, daß Deutschland ein reiches Land sei, hatte der Universalhistoriker Rolf Peter Sieferle als Selbsttäuschung zurückgewiesen. Was es auszeichne, sei vielmehr seine Leistungsfähigkeit. Was bedeutet, daß seine Ressourcen allein der Fleiß, der Erfindergeist, das Wissen, das Ausbildungsniveau, die berufliche Kompetenz, die Intelligenz seiner  Menschen sind. Diese Ressourcen aber werden seit Jahrzehnten systematisch verschleudert. Der durch die Corona-Maßnahmen eingeschränkte Schul-, Hochschul- und Ausbildungsbetrieb hat den Intelligenzverlust weiter beschleunigt. 

In mehreren Büchern hat der Leipziger Bevölkerungswissenschaftler Volkmar Weiss den Zusammenhang zwischen der menschlichen Intelligenz und den langfristigen Entwicklungen in Kultur und Gesellschaft untersucht. Der Verfasser des Standardwerks „Die IQ-Falle. Intelligenz, Sozialstruktur und Politik“ (Leopold Stocker Verlag, Graz 2000) war ein maßgeblicher Ideengeber für Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“.

Im Nachgang zu Sarrazins Bestseller hat Weiss 2012 unter dem Titel „Die Intelligenz und ihre Feinde“ eine aktualisierte Fassung veröffentlicht und 2017 eine nochmals auf den neuesten Stand gebrachte Kurzfassung – „Das IQ-Gen“ (beide im Ares Verlag, Graz) – herausgebracht, die er 2020 unter dem Titel „IQ Means Inequality“ bei Amazon Kindle Direct auch in englischer Übersetzung veröffentlichte.

Alle vier Titel enthalten in je einem Abschnitt Zahlen zur Bildungs- und Sozialstatistik der muslimischen Einwanderer in Deutschland. Die PDF-Datei von „IQ Means Inequality“ wurde auch auf das Wissenschaftsportal Researchgate hochgeladen und dort innerhalb weniger Monate rund 1.500mal gelesen und hunderte Male gebührenfrei heruntergeladen. Im März 2021 löschte jedoch Researchgate den Text mit der Begründung, „daß dieser eine Reihe von Aussagen enthält, die suggerieren, daß türkische und muslimische Migranten in irgendeiner Weise ‘weniger als’ oder minderwertiger als deutsche Staatsbürger sind. Diese Art von Äußerungen stellen Haßreden und/oder herabsetzende Inhalte dar, die beide durch unsere Nutzungsbedingungen .... verboten sind. Solche Inhalte können auch gegen das deutsche Strafgesetzbuch verstoßen.“

Türkische Schüler haben einen niedrigeren IQ-Wert

Was hier als „Haßrede“ abqualifiziert wird, ist die anhand valider Forschungsergebnisse getroffene Feststellung, daß in allen betroffenen Ländern bei muslimischen Einwanderern eine unterdurchschnittliche Integration in den Arbeitsmarkt und Bildungsbeteiligung, andererseits eine überdurchschnittliche Abhängigkeit von Sozialtransfers und Fertilität vorliegt. So sei der Hartz-IV-Anteil unter Türken in der Bundesrepublik proportional 4,4mal so hoch wie unter ethnischen Deutschen. Weiss konstatiert, daß der mittlere IQ türkischer Schüler in Deutschland um 18 Punkte niedriger liegt als der IQ der deutschen Schüler und in der zweiten Einwanderergeneration sogar gefallen ist.

Zweifellos weht der irrationale Wind, der Researchgate unter Druck setzt, wieder aus der Ecke, aus der die türkische Zeitung Hürriyet bereits 2005 aktiv war. Damals hatte Weiss erstmals etwas über die zahlenmäßige Übereinstimmung der

PISA-Ergebnisse mit IQ-Tests veröffentlicht, worauf Hürriyet gegen ihn in ihren europaweiten Ausgaben eine Kampagne entfachte. Weiss war damals Abteilungsleiter in einer Behörde des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, das sich davon nicht beeindrucken ließ. Zudem boten liberale türkische Journalisten ihm Hilfe an und wiesen in Gegen-veröffentlichungen darauf hin, daß es sich bei den von ihm verwendeten Zahlen um die offiziellen türkischen Regierungsstatistiken handele.

Ein Akademiker-Proletariat, das zur Wertschöpfung ungeeignet ist

Heute fragt der Autor in einer Presseerklärung: „Sollte es 2021 tatsächlich nicht mehr möglich sein, Sozial- und Bildungsstatistiken über Türken und die Türkei  auf einer internationalen Wissenschaftsplattform mit Sitz in Deutschland zu veröffentlichen (...)? Weil man die dazu notwendigen Zahlen und Argumente gar nicht mehr zitieren darf?“

So ist es wohl. Dies entspricht auch der Politik der offenen Grenzen, die die Bundesregierung betreibt. Das angeblich hohe Bildungsniveau syrischer Ingenieure, das deutsche Medien 2015 behaupteten, liegt überwiegend „auf Realschulniveau“. Laut dem von Weiss zitierten Psychologen Heiner Rindermann erreichten 65 Prozent der syrischen Schüler nicht, was die OECD als „Grundkompetenz“ definiert. Zwei Drittel können nur sehr eingeschränkt lesen und schreiben und bloß einfachste Rechenaufgaben lösen.

Den offiziellen Statistiken läßt sich indes eine Gegentendenz entnehmen: Heute gibt es fast drei Millionen Studenten gegenüber 1,3 Millionen Auszubildenden. Ein Mißverhältnis, das weniger auf der wachsenden Zahl der Hochintelligenten als vielmehr auf der Absenkung der Leistungsanforderungen beruht. Auffällig ist das Anwachsen der Studienzahlen in Fächern wie Psychologie (mehr als 100.000 Studenten), Politologie (33.000), Soziologie (20.000) und Sozialwissenschaft (23.000). Weiss hatte bereits vor 20 Jahren festgestellt, daß zwar viele Sozialwissenschaftler mit statistischen Methoden arbeiten, zu deren Beherrschung ein für Hochintelligenzberufe typischer Intelligenzgrad erforderlich sei, aber aus dem Niveau, auf dem sich viele sozialwissenschaftliche Diskussionen abspielten, ließe sich schließen, „daß der Durchschnitts-IQ bei Absolventen der Sozialwissenschaften eine Güteklasse (d.h. eine Standardabweichung) niedriger lag als der mittlere IQ von Mathematikern, Physikern, Diplomingenieuren und Biochemikern (…).“  An denen wiederum besteht ein großer Mangel. Gleiches gilt für Handwerker und Facharbeiter. Die offiziellen Zahlen sind Augenwischerei.

Weiss sieht in der Vermehrung eines zur Wertschöpfung ungeeigneten Akademiker-Proletariats eine Gefahr für Staat und Gesellschaft. Denn um der Arbeitslosigkeit zu entgehen, müßten diese Intellektuellen „sich immer neue gesellschaftliche Aufgaben ausdenken, mit denen sie den produktiven Sektor knebeln und Mittel entziehen“. Aufgrund gesellschaftspolitischer Entwicklungen haben sie damit Erfolg. Gender- und Diversity-Spezialisten, Experten für Rechtsextremismus, Rassismus-Bekämpfung und Antidiskriminierung haben längst nicht mehr nur in semistaatlichen Einrichtungen Fuß gefaßt. Sie sitzen – mit oder ohne Abschluß – wohlversorgt in höchsten Parteigremien, Parlamenten, im Staatsdienst. Es handele sich, so Weiss, um Chiffren des „Regulationskreislaufs, des Umschaltens der Evolution auf negative Selektion, der die demokratischen Systeme der Industriestaaten in den Niedergang treibt“.

Volkmar Weiss’ lange vergriffenes Buch „Die IQ-Falle. Intelligenz, Sozialstruktur und Politik “ liegt nun im Ares Verlag, Graz, in einer Neuauflage (332 Seiten, Abb., geb., 29,90 Euro) vor, vom Autor ergänzt um einen Rückblick auf sein Werk.

 www.ares-verlag.com

 www.v-weiss.de/