© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Mit Islamisten kooperiert
Die Antisemitismus-Untersuchung bei der Deutschen Welle rät zu einem Neuanfang
Ronald Berthold

Wer einen als Antisemiten bekannten Osama-bin-Laden-Fan als Dauergast im Fernsehen erleben wollte, der mußte im arabischen Raum die Deutsche Welle (DW) einschalten. 70mal in fünf Jahren durfte der Anhänger der Terrororganisationen Hamas und Hisbollah, Abdel Bari Atwan, seine Ansichten über den Äther der Redaktion verbreiten. Das ist nur eine der neuesten Erkenntnisse zum Islamismus-Skandal bei Deutschlands Staatssender. Sein Nahost-Programm erreicht ein Millionen-Publikum. Eine externe Untersuchung über antisemitische Tendenzen verdeutlicht, daß das Ausmaß des Skandals deutlich größer ist als bisher angenommen. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Zustände in der Middle-East-Redaktion vom Herbst war es zunächst um fünf gravierende Fälle gegangen. Jetzt steht fest: Elf weitere Mitarbeiter der Deutschen Welle sind in den Fall verstrickt.

Mehrere Mitarbeiter gekündigt 

Im Auftrag des Senders, der sich zu 100 Prozent im Besitz der Bundesrepublik befindet, hatten die Islamismus-Experten Ahmad und Beatrice Mansour sowie die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Außenstelle unter die Lupe genommen. Mit 32 der rund 200 Mitarbeiter führten sie Gespräche. Dazu prüften sie neben der Berichterstattung auch Kanäle in den Sozialen Medien. 

Zwar verneinen die Kontrolleure – wohl im Sinne ihres Auftraggebers – einen „strukturellen Antisemitismus“. Ihre Ergebnisse erhärten aber genau diesen Verdacht. Denn alle „Einzelfälle“ ergeben in der Summe eine enorme Dimension. Ahmad Mansour spricht zudem von einer Atmosphäre des Mißtrauens; die Redaktion sei „zutiefst gespalten“. Er rät zu einem „Neuanfang“. Die drei nennen nicht nur den Journalisten Abdel Bari Atwan, der auch noch eine Nähe zum Mullah-Regime im Iran pflegen soll, sondern ausdrücklich den Moderator Yosri Fouda. Ins Rollen war die Affäre gekommen, als bekannt wurde, daß ein DW-Reporter verkündete, Juden wollten „die Gehirne der Menschen durch Kunst, Medien und Musik“ kontrollieren.  Ähnliche Äußerungen anderer arabischer Mitarbeiter sind nun aktenkundig. Beispiel: „Sie spielen die Opferrolle seit dem Holocaust, und wir zahlen den Preis. Sollen wir denn tatenlos bleiben? Laßt uns die Stimme erheben, um zu zeigen, daß in den Arabern noch ein lebender Puls ist.“ Oder: „Wie kommt es, daß die Juden bis heute Tränen über die Holocaustopfer vergießen, während die Zionisten die Verbrennung der Palästinenser fordern?!!!“ Von den ersten fünf Kollegen hat sich die DW inzwischen getrennt. Der Redaktionsleiter verliert zudem seine Funktion. Mit den anderen elf, von denen drei durch den Sender selbst entdeckt wurden, will dieser nun das Gespräch suchen. Die Kontrolleure empfehlen, „mögliche Konsequenzen zu prüfen, um weiteren Schaden von der DW abzuwenden“. Ins Visier wegen antisemitischer Tendenzen sind nun auch Partnersender der Anstalt geraten. Die Zusammenarbeit mit zweien müsse beendet werden, fordert die Kommission. Mit einem weiteren solle nur weiter kooperiert werden, wenn dieser antisemitische Karikaturen lösche und vertraglich versichere, „künftig keine antisemitischen Inhalte mehr zu vermitteln“.

Ihm tue das Ganze „aufrichtig leid“, so Intendant Peter Limbourg. Er räumt Fehler und Versäumnisse ein. Zugleich verkündet er einen Zehn-Punkte-Plan. Unter anderem müßten Mitarbeiter künftig das Existenzrecht Israels anerkennen. Auch die Leugnung und Verharmlosung des Holocausts durch Redakteure des Auslandssenders solle nun ausgeschlossen werden. Zudem wolle er die regionalen Partnersender strenger prüfen.