© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Die neue Ära der Ungewißheit als Chance begrüßen
Autoritären widerstehen
(wm)

Der emeritierte Politologe Herfried Münkler (HU Berlin) bleibt sich auch 2022 treu und spielt seine Lieblingsrolle: die des Groß-Deuterichs der Zeitläufte. Neuerdings hat er entdeckt, daß sich auf allen Politikfeldern durch die Corona-Pandemie eine „Ära der Ungewißheit“ offenbare (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte,1/2–2022). Mit dem Auftreten dieses Virus sei die seit Mitte des 20. Jahrhunderts herrschende Gewißheit ausgelöscht, gefährliche Krankheiten seien im Zeitalter der Antibiotika und fortschreitender medizinischer Forschung eine beherrschbare Herausforderung. Einem ähnlichem Prozeß der Desillusionierung seien seit 1990 gepflegte Hoffnungen auf Weltfrieden durch Demokratisierung unterworfen worden. Herbe Gewißheitsverluste bezüglich scheinbar ewig stabiler Daseinsbedingungen bescherten zudem Warnungen vor Folgen des „Klimawandels“. Und dessen energische Bekämpfung würde unsere Lebensweise abermals radikal umstürzen. Welche ökonomischen und kulturellen Weichenstellungen zu Krisen, die sich als „Gefahr für die liberale Demokratie“ entpuppten, geführt haben, verrät Münkler nicht. Entsprechend hilflos klingt sein Rat, das „Experiment nachmetaphysischer Ungewißheit“ fatalistisch als „Chance“ zu begrüßen und nicht falschen Gewißheitsversprechungen des „Autoritären“ zu glauben. 


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