© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Feldstudien im Boomermilieu
Linke Verschwörungsideologie über „Schläfer“ der Wendezeit
Oliver Busch

Immer schriller bekunden die „antifaschistischen“ Vorfeldorganisationen des Verfassungsschutzes, daß sie die Millionen Euro des „Kampfes gegen Rechts“ auch wert sind. Nachdem VS-Präsident Thomas Haldenwang kürzlich festzustellen meinte, mit den Demonstrationszügen gegen die auf einen „Impfzwang“ zulaufende staatliche Corona-Politik entstünden „demokratiegefährdende Allianzen“, fühlen sich nun viele üppig alimentierte „zivilgesellschaftliche“ Helfer der Volkspolizei ermutigt, Grundrechte verteidigende Spaziergänger als „Verfassungsfeinde“ zu denunzieren.

Da will auch David Begrich sich nicht lange zieren. Der Mann hat Theologie studiert und nimmt eine „Arbeitsstelle Rechtsextremismus“ im Magdeburger Verein „Miteinander“ ein. Mit Fakten hält sich Begrich in seinem in den Blättern für deutsche und internationale Politik (2/2022) veröffentlichten Sermon über „Nazis als Bannerträger“ mitteldeutscher „Spaziergänger“ gar nicht erst auf. Ihm genügt ein Blick in seine Glaskugel, um festzustellen, daß „im Kontext von Corona“ das gleiche „autoritär eingestellte politische Milieu“ mobil mache, das schon 2014 die „Pegida“-Fahne gegen „den Islam“ schwenkte und im Willkommenssommer 2015 „Flüchtlinge“ nicht mit Teddybären begrüßte. Diese „Kontinuitäten“ reichten sogar noch weiter, bis in die Wendezeit zurück. Denn jene, die in den frühen 1990er Jahren „rechtsradikal sozialisiert wurden, sind alle wieder da“. Allerorten, so lamentiert Begrich in seiner empirisch-statistisch arg grobkörnigen „Feldstudie“, seien auf den Demos „die früheren Führungsleute der rechtsextremen Szene“ zu sehen. Sie seien heute Mitte Vierzig, Anfang Fünfzig – hätten also nach Begrichs Taxierung um 1992 als Pubertierende spätere Führungsrollen eingeübt, um dann als „Schläfer“ für Dezennien abzutauchen – und würden nun merken, „daß ihre Zeit gekommen ist“.

Polizei sollte öfter den Schlagstock bemühen

Daß es jemals gute Gründe für Protest von „rechts“ gegeben haben könnte, schließt Begrich, selbst jenseits der 50, allerdings kategorisch aus. Sich selbst zugehörig fühlend, ist ihm per se Feind, wer ein „starkes Anti-Establishment-Ressentiment“ pflege und die Politik der Herrschenden kritisiere. Unter diese Feindbestimmung lassen sich für ihn sogar westdeutsche Linke und Grüne fassen, sofern die aus dieser Szene stammenden „Impfskeptiker“ noch antikapitalistisch oder „postmaterialistisch“ eingestellt seien.

Wie mit Feinden der Obrigkeit zu verfahren ist, auch dafür weiß der staatsfromme Theologe, der seit über zwanzig Jahren am Tropf „zivilgesellschaftlicher“ Förderprojekte hängt, Rat. Politik und Polizei müßten „diesen Leuten“ deutlicher die „Grenzen der Meinungsfreiheit“ markieren. Dafür dürfe die polizeiliche Einsatztaktik, die Demonstranten bisher regelrecht ermutige, nicht länger hinter den „operativen Handlungsmöglichkeiten“ – im Extremfall: Wasserwerfer, Pfefferspray, Schlagstock – zurückbleiben. 

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