© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Die Rückkehr der Flüsterkneipen
Corona-Prohibition: Zertifikatefälschung und illegale Partys beflügeln eine neue Schattenwelt
Bernd Rademacher

Meldungen der letzten Wochen: In Köln schließt die Polizei zwei unangemeldete Tanzclubs. In Bad Honnef sprengen Beamte einen illegalen Rave in einem ICE-Versorgungstunnel. Zeugen hatten lautes Wummern gehört. Im Ruhrgebiet und im Rheinland heben Polizisten ungenehmigte Friseursalons in privaten Kellern aus. Schlagzeile: „Mit Frisierstuhl, Spiegel und Warteecke!“ In Franken türmen hundert Gäste einer illegalen Party über Dächer, als Streifenwagen mit Blaulicht eintreffen. In Hamburg und Hessen melden Ordnungsämter immer mehr gesetzwidrige Feiern unter Autobahnbrücken, in Industriegebieten und abgelegenen Waldstücken. Wer bei Google nach „Illegale Raves“ sucht, erhält automatisch den Suchvorschlag „Illegale Raves finden“. Der Deutschlandfunk berichtet über Friseure, die ihren Kunden trotz Verbot illegale Hausbesuche abstatten.

Wie darf man sich das vorstellen: Im Schutz der Dämmerung blickt sich der Coiffeur mit hochgeschlagenem Mantelkragen ängstlich um und klingelt bei Schmidt im 2. Stock. Plötzlich stürmen zwei Polizisten auf ihn zu und nehmen ihn fest. Aus der Tasche zieht ein Beamter eine Schere: „Was haben wir denn da, he?!“ „Äh, äh, ich wollte Rosen schneiden, ehrlich“, stammelt der Schwarzschneider. „So siehste aus, Bürschchen! Mitkommen!“ Was eine Szene aus einem Monty-Python-Slapstick sein könnte, ist Realität im Jahr 2022: Die Corona-Kriminalität explodiert – Deutschland ein Land von Schiebern, Schmugglern und Gangster-Friseuren. 

Das erinnert unweigerlich an die Prohibition in den USA der zwanziger und dreißiger Jahre: Nachdem es Nüchternheits-Aposteln gelungen war, ein totales Alkoholverbot in der Verfassung zu verankern, führte dies schon am ersten Tag zu krimineller Kreativität. Schwarzbrennereien und Flüsterkneipen („Speak-Easys“) schossen aus dem Boden. Wer sich illegal einen hinter die Binde kippen wollte, fand überall eine geheime Bar („Zwei Treppen rauf, dreimal kurz an die Tür mit der Schiebeluke klopfen und nach ‘Jimmy’ fragen“).

Schnell stellten die Anhänger der Prohibition doppelt ernüchtert fest, daß das Alkoholverbot genau die Auswüchse förderte, die es eigentlich verhindern sollte: Frauen ließen sich in den Flüsterkneipen gemeinsam mit Kerlen vollaufen, Weiße suchten Tanzdielen in Schwarzenvierteln auf und verrenkten sich zu Jazzmusik, bisher brave Bürger stiegen plötzlich in kriminelle Geschäfte ein.

Führt die Corona-Politik in Deutschland zu vergleichbaren Zuständen? Machen Einsamkeit und Langeweile harmlose Rentner zu Impfpaß-Fälschern? Fragen die Dealer im Park jetzt: „Willsu Hasch, Koks oder Genesenen-Zertifikat?“ Kommen unbedarfte Jugendliche erst auf illegalen Rave-Partys neben Drogen mit Corona-Leugnern, Impfgegnern und bösen rechten Verschwörungstheorien in Kontakt? Verlegen sich Kleinganoven und Clan-Kriminelle von Handtaschendiebstahl und Schutzgelderpressung nun auf Untergrund-Frisiersalons und Test-Abzocke in einer neuartigen Schattenwelt? Fälle von planmäßigem Corona-Hilfen-Betrug gab es bereits.

Statt Al Capone regiert die Impfausweis-Mafia

Und ruft die Hausfrau nebenan wirklich nur ihre Kinder vom Spielen zum Essen herein, oder ist das ein geheimes Codewort für ein illegales Restaurant? Hatte der Arbeitskollege nicht gestern noch deutlich längere Haare? Statt Al Capone regiert jetzt die Impfausweis-Mafia!

Damals in Amerika weigerten sich viele Bürgermeister und Sheriffs, das aus ihrer Sicht unsinnige Alkoholverbot durchzusetzen. Darum stellte die Regierung Prohibitions-Bundesagenten ein, um die Bürger zu kontrollieren. Diese Agenten waren oft üble, verkrachte Typen. Da würden sich doch heute die schwarz uniformierten Schläger der Antifa als 2G-Schergen empfehlen.

Also seien Sie wachsam, wenn abends im Minutentakt fremde Menschen an ihrem Haus klingeln, nach „Günther“ fragen und im Keller verschwinden. Verständigen Sie am besten sofort die Polizei! Oder die Antifa. Oder feiern Sie einfach mit! Meine persönliche neue Business-Idee: „Bus­t­our nach Dänemark inklusive Restaurantbesuch, Shopping, Friseurtermin und Kneipenbummel. 1 Wochenende ab Hamburg für 450 Euro p. P.“ Anti-Corona-Maßnahmen-Tupperfahrt.

Die Prohibition kam 1933 zu Fall, weil sich angesichts der Weltwirtschaftskrise Millionen Menschen, die ihre Jobs verloren hatten, fragten: Haben wir eigentlich keine anderen Probleme? Als es vorbei war, fragten sich alle: Wie konnte eine auf Freiheitsrechten gegründete Nation auf so eine verrückte Idee kommen? Kommt einem seltsam aktuell vor.