© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Kabinenklatsch
Söldnertruppen
Ronald Berthold

Die Olympischen Winterspiele zeigen uns manche Farce. Das Turnier ist ein Wettkampf der Nationen. Was aber, wenn das gar nicht stimmt? Weil die Chinesen keine Eishockey-Mannschaft haben, nahmen sie ein Team der russischen ersten Liga, verpaßten den Spielern chinesische Pässe und sogar chinesische Namen. Fertig war die Olympia-Auswahl des Gastgebers. Glücklicherweise für jeden Sportfan schied diese Söldner-Truppe in der Vorrunde aus. 

Trotzdem ist dieser Betrug am Wettkampf-Gedanken ein trauriges Menetekel. Können Sie sich noch an die Handball-WM 2015 in Katar erinnern? Der Sport ist in dem arabischen Land noch weniger verwurzelt als Krocket in Deutschland. Und dennoch schaffte es die katarische Nationalmannschaft bis ins Finale, wo Frankreich diesen Etikettenschwindel stoppen konnte. Sonst wäre Katar Weltmeister geworden. Aber es waren keine Katarer, die für das Team antraten. Neben dem spanischen Weltmeistertrainer hatte sich der Staat Nationalspieler zusammengekauft. Im Handball ist es möglich, nach einer dreijährigen Wartezeit für eine andere Länderauswahl aufzulaufen. Bei der Fußball-WM im eigenen Land wird der Öl-Staat nach ähnlichem Prinzip verfahren. Zwar ist im Fußball ein Nationalmannschaftswechsel unmöglich, nachdem ein Pflichtspiel bestritten wurde. Deshalb begannen die Katarer schon vor Jahren, weltweit Kicker zu scouten und diesen gegen Geld die Staatsangehörigkeit anzubieten. Dieses zusammengewürfelte Team wird im Spätherbst um den Titel kämpfen. Während ich sonst immer ein Herz für das Gastgeberland und erst recht für Außenseiter habe, hoffe ich diesmal, daß diesem Spuk durch ein Vorrundenaus das Ende bereitet wird.