© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/22 / 25. Februar 2022

Ländersache: Mecklenburg-Vorpommern
Krise an der Küste
Werner Becker

Am Donnerstag ist die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern die berühmten hundert Tage im Amt. Für Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ist das allerdings kein Grund zum Feiern. Ihr rot-rotes Kabinett ist schon nach wenigen Wochen in schweres Fahrwasser geraten. Erst die spektakuläre Pleite der zum Hongkonger Genting-Konzern gehörenden „MV-Werften“, dann allerlei Kritik an Schwesigs Personalpolitik und nun auch noch Ärger im Energiewende-Paradies. Nordex, einer der größten Hersteller von Windrädern, droht die Pleite. 2.000 Arbeitsplätze könnten nach China ausgelagert werden. 

Auch unverbindliche Versprechungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rund um eine „mögliche“ Modernisierung der weltweiten Flotten „auf dem Weg hin zur Klimaneutralität“ konnten die Stimmung nicht heben. Die Werftenkrise wird auch für Schwesig langsam zum Problem. Lange hatten die Ministerpräsidentin und auch der Ex-Koalitionspartner CDU dem Genting-Konzern vertraut und immer neue Bürgschafts- und Darlehenspakete geschnürt. Daß der Kreuzfahrtschiffbau, auf den die „MV-Werften“ sich spezialisiert hatten, nicht erst seit Corona Probleme bekommt, wurde lange ignoriert. Erst mit der plötzlichen Pleite der Werften und auch des Mutterkonzerns ging die Landesregierung auf Distanz zum Investor. Es droht der Verlust von bis zu 400 Millionen Euro Steuergeld. Schwesig war bis dahin bei fast jedem Stapellauf persönlich anwesend, ließ die schlechten Botschaften aber stets Wirtschafts- oder Finanzminister überbringen. 

Dennoch geben laut einer Umfrage der AfD-Landtagsfraktion, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, 42 Prozent der Befragten der SPD-Frau eine „persönliche Mitverantwortung“ für die Pleite. 37 Prozent sehen diese nicht. Insgesamt sind 50 Prozent (eher) unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Landesregierung, nur 25 Prozent sind (eher) zufrieden. Schlechte Zahlen für eine Ministerpräsidentin, die die vergangenen Wahlen vor allem wegen persönlicher Beliebtheit gewann. So ist es dann auch kein Wunder, daß für die SPD auch in der Insa-Sonntagsfrage für den Nordkurier die Bäume nicht mehr in den Himmel wachsen. Auf 36 Prozent kommen die Sozialdemokraten, rund vier Prozentpunkte weniger als bei der Landtagswahl 2021. 

Auch Schwesigs Personalpolitik gerät mehr und mehr in die Kritik. Die CDU kündigte an, gegen die Berufung von Patrick Dahlemann (SPD) zum Chef der Staatskanzlei Klage einzureichen. Grund: Dahlemann verfügt weder über einen Berufs- noch Studienabschluß. Sein Grundgehalt in der Besoldungsgruppe B 9 beträgt stattliche 11.500 Euro im Monat. An der Berufung der Landeschefin der Linken, Wenke Brüdgam, zur Gleichstellungsbeauftragten des Landes stört sich nicht nur die AfD („Vetternwirtschaft“), sondern auch der Landesrechnungshof. Die Stelle wurde ohne Ausschreibung einfach besetzt. Dies sei „grundgesetzwidrig“. Schwere Zeiten also für Schwesig. Die allerdings zieht sich wegen einer Nachsorge-Operation nach ihrer Brustkrebserkrankung erst einmal drei Wochen aus der Öffentlichkeit zurück. Das Hundert-Tage-Jubiläum ihrer Regierung kann sie also nicht feiern.