© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/22 / 25. Februar 2022

Richtig ist, was gegen Rechts ist
Faeser-Affäre: Die Innenministerin distanziert sich weiterhin nicht von ihrem Beitrag für eine linksextrem beeinflußte Publikation
Christian Vollradt

Es sei für sie wichtig gewesen, sich „nicht von der JUNGEN FREIHEIT und anderen treiben zu lassen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy  Faeser (SPD) am Wochenende in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Wenn man eine Überzeugung habe, soll man auch dazu stehen. Damit begründete die Chefin des für die staatliche Sicherheit und den Schutz der Verfassung zuständige Ministerin, warum sie sich nicht von ihrem Gastbeitrag in der Zeitschrift antifa der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN-BdA), die der Verfassungsschutz als linksextrem beeinflußt einstuft, distanziert (JF 7/22). 

Diese Schmallippigkeit wollte die Opposition im Bundestag Faeser nicht durchgehen lassen. Dort mußte sich die Ministerin im Innenausschuß rechtfertigen, außerdem ließ die Union das Thema in einer Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung setzen. Das wiederum reizte die Verteidiger Faesers auf der linken Seite des politischen Spektrums zu heftigen verbalen Attacken nach rechts. 

„Unter Merkel hätte es so eine Aktuelle Stunde nicht gegeben“, wetterte die Linken-Abgeordnete Martina Renner, selbst Mitglied der VVN-BdA. Sie fand es „unerträglich, daß die Union in dieser Woche gemeinsam mit der AfD die Hetzkampagne weiterführt, die von der extrem rechten jungen freiheit und der Springer-Presse losgetreten“ worden sei. Auch Konstantin von Notz (Grüne) empörte sich über die Kritiker der Ministerin: „Wenn das der neue Friedrich-Merz-Style ihrer Fraktion ist und wenn das Aufwärmen von Kampagnen der jungen freiheit hier stilprägend wird, dann gute Nacht!“ Seine Fraktionskollegin Irene Mihalic sprach von einem „plumpen“ Versuch, „Mitglieder der Bundesregierung zu diskreditieren“.

Unterdessen kündigte die Bundesinnenministerin an, bis Ostern einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorzulegen. Einen solchen – mit 89 Punkten – hatte vor zwei Jahren auch schon Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) präsentiert. Auch die Inhalte klingen vertraut: unter anderem ist eine weitere Verschärfung des Waffenrechts vorgesehen. Faeser zielt außerdem darauf, „daß Rechtsextremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können“. Zudem solle der Kampf gegen Rechtsextremismus noch viel früher anfangen, „nämlich schon im Kindergarten“. 

Und wie bereits Seehofer betont seine sozialdemokratische Nachfolgerin, „daß die größte Bedrohung der Demokratie im Moment vom Rechtsextremismus ausgeht“. Das sei „Tatsache“, so Faeser überzeugt. Legt man die Zahl der politisch relevanten Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts zugrunde, so fällt allerdings auf, daß 46 Ermittlungsverfahren gegen „rechts“ motivierte Beschuldigte, 52 gegen „links“ und 266 Verfahren gegen „religiös“, sprich islamistisch motivierte Beschuldigte laufen.