© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/22 / 25. Februar 2022

Strafanzeige gegen Kanzler Scholz und Bürgermeister Tschentscher
Noch längst nicht vergessen
Martin Krüger

Tausende Strafanzeigen wurden in ihrer 16jährigen Regierungszeit gegen Angela Merkel gestellt – die meisten wegen der Grenzöffnung 2015. Alle Verfahren verliefen im Sande. Nun hat der renommierte Strafverteidiger Gerhard Strate ihren Amtsnachfolger Olaf Scholz und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher angezeigt. Beiden SPD-Politikern wirft der 72jährige vor, die Warburg-Bank im Cum-Ex-Steuerbetrug geschützt zu haben. Es geht um eine mögliche politische Einflußnahme, 2016 von der Hamburger Privatbank 47 Millionen Euro an Steuern nicht zurückzufordern. Scholz war damals Erster Bürgermeister der Hansestadt und Tschentscher Finanzsenator. Erst als das CDU-geführte Bundesfinanzministerium die Stadt anwies, das Geld zurückzufordern, floß der Betrag 2017 an den Fiskus.

Neu ist das alles nicht – alles war schon vor der Bürgerschaftswahl 2020 und der Bundestagswahl 2021 bekannt. Es hat beiden nicht geschadet, denn das Thema ist juristisch trocken: Die Vorwürfe lauten Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie – im Falle von Scholz – uneidliche Falschaussage. Akribisch begründet Strate seine Anzeige auf 38 Seiten mit 44 Fußnoten: Der Verzicht auf eine Rückforderung der Kapitalertragsteuer sei keine Rechtsentscheidung gewesen, sondern ein Willkürakt. Die kriminelle Einbettung der Cum-Ex-Geschäfte habe bereits 2016 auf der Hand gelegen. Daß Scholz keinerlei Erinnerung an die Treffen mit hochkarätigen Bankvertretern habe, sei unglaubwürdig. Strate, der bereits anläßlich der Finanzkrise 2008 zahlreiche Anzeigen einreichte, kennt die komplizierte Materie und Arbeitsabläufe im Finanzamt.

Nun wird der zuständige Generalstaatsanwalt prüfen, ob es einen Anfangsverdacht gibt, der dann zu neuen Ermittlungen führen würde. Erst dann wäre es politischer Zündstoff für Berlin und Hamburg. Zwei Bankmanager, die Anlegern bei dem professionellen Cum-Ex-Steuerbetrug geholfen haben, sind immerhin schon zu Haftstrafen verurteilt worden. Weitere Verfahren laufen. Eine Anklage gegen den langjährigen Warburg-Chef und einen der Haupteigentümer, Christian Olearius, gilt inzwischen als möglich. Es bleibt also spannend.

 strate.net