© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/22 / 25. Februar 2022

Museen sind nicht Eigentümer, sondern Treuhänder
Umgang mit „kolonialer Raubkunst“
(wm)

Mit der in seinen linken Kreisen eher verpönten Wendung „unsere ehemalige Kolonie Deutsch-Neuguinea“ eröffnet der Berliner Historiker Götz Aly ein Gespräch über „koloniale Raubkunst“ (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 1/2-2022). Aly, Jahrgang 1948, früher ein Klaus Kinski seines Metiers, gibt sich darin altersmilde. Es könne in dieser hitzigen Debatte über „Kolonialschuld“ weder darum gehen, die „obszöne und verwerfliche Forderung kleiner Gruppen“ zu erfüllen, den Völkermord an den Juden Europas unter der Parole „decolonize Auschwitz“ mit Kriegsverbrechen in Deutsch-Südwestafrika gleichzusetzen, noch darum, unter dem Druck eines solchen Hypermoralismus „alles zurückzugeben“, was während der Hochzeit des Imperialismus und Kolonialismus in deutsche Museen gelangte. Zumindest kurzfristig müsse eine auch für Aly unabdingbare museumspolitische Wende nicht darauf hinauslaufen, „Berlin ohne Pergamonaltar und Nofretete“ zurückzulassen. Aber Ziel „fairer Übereinkünfte“ mit den Staaten und Gesellschaften, aus denen die Kulturobjekte stammen, sollte jedenfalls sein, daß „wir uns in Europa nicht länger als Eigentümer der sogenannten ethnologischen Objekte betrachten, sondern als Treuhänder“. Den Treugebern, den „Nachfahren der einst Beraubten“, stünde es dann frei, etwa die nun im Humboldt-Forum präsentierte Südsee-Sammlung jederzeit zurückzufordern. Für den Filmkünstler Hans-Jürgen Syberberg wäre das kein Verlust: Warum füllen die Deutschen das Berliner Schloß nicht „mit Eigenem“, „was müssen sie sich das aus der Welt herbeiholen und sich vor dem eigenen Erbe wegducken?“ (FAZ vom 8. November 2021). 


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