© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/22 / 25. Februar 2022

Japans Marionettenstaat
Vor 90 Jahren wurde Mandschukuo gegründet
Jürgen W. Schmidt

Japan hatte 1904/05 das russische Zarenreich besiegt und damit seine Ansprüche in Korea und Nordchina bekräftigt. Nach dem Ersten Weltkrieg, Japan gehörte zu den Siegermächten, betrieb das Kaiserreich Japan eine aggressive Außenpolitik im pazifischen Raum und in Nordchina. Besondere Anstrengungen erfolgten in der nördlich von Korea gelegenen Mandschurei. 

Obwohl diese Region offiziell ein Teil von China war, geriet sie mehr und mehr unter japanischen Einfluß. Japan war an den landwirtschaftlichen Produkten der Mandschurei und deren Rohstoffen interessiert. Zudem plante man in dem rund 800.000 Quadratkilometer großen Gebiet, in welchem 38 Millionen mongolischstämmige Mandschu und Han-Chinesen lebten, mindestens eine Million Japaner anzusiedeln. In erheblichem Maße investierte Japan eigenes Kapital in der Mandschurei. Ab 1929/30 wurde die wirtschaftliche Durchdringung der Mandschurei durch den immer heftiger geführten Bürgerkrieg in China bedroht, dessen Auswirkungen unter der Bevölkerung der Mandschurei nationalistische Tendenzen hervorriefen. Obwohl die bürgerliche japanische Regierung Rücksicht auf britische und amerikanische Interessen in China zu nehmen hatte, preschten erzreaktionäre Kräfte der japanischen Armee vor und organisierten hinter dem Rücken der eigenen Regierung am 1. März 1932 die Ausrufung des Satellitenstaates „Mandschukuo“ (Mandschuland). 

Mit der japanischen Niederlage endete der Staat

Der japanischen Armeeführung kam dabei zupasse, daß der entthronte letzte chinesische Kaiser Pu Yi ein Abkömmling der mongolischstämmigen Mandschu-Dynastie war. Folglich installierte man ihn als japanische Marionette und Staatsoberhaupt in Mandschukuo. Während die USA und England diesen Handstreich ablehnten und den neuen Staat nicht diplomatisch anerkannten, bezogen Deutschland und die Sowjet-union eine andere Position. Das Deutsche Reich erkannte Manchukuo im Mai 1938 völkerrechtlich an und betrachtete es im Zweiten Weltkrieg als verbündeten Staat. 

Die Sowjetunion hingegen erklärte sich in Geheimverhandlungen bereit, die Existenz von Mandschukuo zu tolerieren, falls Japan die gleiche Position gegenüber dem sowjetischen Marionettenstaat „Mongolische Volksrepublik“ beziehen sollte. Dies verhinderte jedoch nicht, daß 1938 und 1939 zwei heftige sowjetisch-japanische militärische Konflikte an der Grenze von Mandschukuo (Chassan-See und Chalchin-Gol) ausgetragen wurden. Obwohl Japan sehr bemüht war, die Mandschurei zu japanisieren und dort als offizielle Sprache Japanisch eingeführt wurde, endete im August 1945 die Existenz des Marionettenstaates. Von gewaltigen sowjetischen Panzerkräften wurde das Land überrollt und 1946 an die Republik China übergeben. Allerdings gelang es der nationalchinesischen Regierung unter Tschiang Kai-schek nicht, die Provinz unter ihre Kontrolle zu bekommen, die Mandschurei wurde sogar zur Machtbasis der Kommunisten.