© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/22 / 04. März 2022

Zitate

„Putin ist ein autoritärer Politiker, der die Dekadenz des Westens auf die gleiche Weise nutzt wie das sowjetische Regime: um seine eigene Unterdrückung zu rechtfertigen. Doch diese Dekadenz ist ja tatsächlich da! ‘Wokeness’ wird, wenn sie etwa nach Ungarn kommt (...), diese Gesellschaft genauso zerreißen, wie sie es in Amerika tut. Die Wahl scheint zunehmend nicht mehr zwischen klassischem Liberalismus und Autoritarismus zu bestehen, sondern unter welcher Art von Autoritarismus wir leben werden. Mir gefällt diese Entscheidung nicht, aber so sieht es im Westen heute aus.“

Rod Dreher, Journalist und Schriftsteller, auf der Online-Seite der US-Zeitschrift „The American Conservative“ am 24. Februar





„Das Projekt einer regelbasierten und wertegebundenen Weltordnung ist vorbei. Ich glaube, daß sich in den letzten Tagen die politischen Konzeptionen so fundamental verändert haben, daß in geopolitischer und strategischer Hinsicht letzten Endes kein Stein mehr festsitzt, wo er war.“

Herfried Münkler, Politologe, im Wirtschaftspodcast „Die Stunde Null“ vom 25. Februar





„Nach Nationalismus und Kommunismus wächst eine neue totalitäre Ideologie heran, ich nenne sie ‘identitär’, andere ‘woke’. Vom Nationalismus hat sie das Stammesdenken, wir sind besonders wertvoll. Vom Marxismus hat sie die irre Idee geborgt, sie sei keine Meinung, sondern eine Wissenschaft. Sie hat edle Ziele, den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierungen zum Beispiel. Aber sie will die ganze Macht, sie ist unduldsam, sie kann skrupellos sein und brutal, um Andersdenkende auszuschalten.“

Harald Martenstein, Kolumnist, in der „Welt  am Sonntag“ vom 27. Februar





„Selbst wenn der Westen Wege findet, Rußland wirtschaftlich ernsthaft zu schaden, heißt das noch lange nicht, daß die Sanktionen ‘funktionieren’ werden. Um wirklich wirksam zu sein, müssen sie auch das Verhalten der russischen Regierung ändern. Und genau hier versagt die Logik der Sanktionen oft. (...) Sie sind ein durch und durch liberales Instrument, das auf der Annahme beruht, daß jeder Mensch seinen Preis hat: Wenn ich dir wirtschaftliche Kosten auferlege, wirst du die Kosten-Nutzen-Analyse deines Handelns überdenken und dein Verhalten entsprechend ändern. In der realen Welt sind jedoch viele Regime und ihre Anhänger bereit, kolossale wirtschaftliche Kosten in Kauf zu nehmen, um ihre politischen und sicherheitspolitischen Ziele zu verfolgen.“

Lee Jones, Professor für Politische Ökonomie an der Queen Mary University of London, auf dem britischen Blog „unherd“ am 28. Februar





„Wahrscheinlich müssen wir in der mittleren und längeren Zukunft mit einem Systemwechsel rechnen. Das hört sich jetzt ein bißchen verrückt an. Aber wir sollten nicht vergessen, daß dieses System ja erst 1971 geboren wurde. Daß es beinahe schon mal starb. Daß es andere Währungs- und Geldsysteme gibt, auf die man wieder zurückkommen könnte oder neue könnten entstehen. Wenn die Zentralbanken es nicht mehr schaffen, was ich eigentlich denke, das aktuelle System neu zu verankern, wird sich über die Zeit eine Alternative entwickeln. Ich kann mir gut vorstellen, daß Krypto dabei eine Rolle spielt. (...) Je länger die Inflationsphase andauert, desto mehr werden die Menschen nach Alternativen zum Fiat-Kreditgeld suchen.“

Thomas Mayer, Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Leiter des Flossbach von Storch Research Institute, im Podcast der „Mission Money“  am 28. Februar