© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/22 / 04. März 2022

Von der Leyen bringt EU-Mitgliedschaft der Ukraine ins Spiel
Einfach nur gut gemeint
Jörg Fischer

Angesichts des russischen Einmarschs in die Ukraine verschlug es vielen die Sprache: Bombeneinschläge in Kiew, Charkow oder Odessa. Hunderttausende Ukrainer flüchten nach Lemberg oder in die Nachbarländer, Tausende Tote. Doch was tun? Rußland ist eine Atommacht. Außer Sanktionen und Waffenlieferungen gibt es wenig Möglichkeiten, der Ukraine zu helfen. Ursula von der Leyen – als deutsche Verteidigungsministerin gescheitert – glaubte dennoch mehr tun zu können: Als EU-Kommissionspräsidentin stellte sie der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft in Aussicht. Das war sicher gut gemeint, aber mehr als schlecht gemacht.

Denn der mutige, aber bedrängte ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj nahm das ernst und schickte gleich einen Mitgliedsantrag nach Brüssel. Doch eine Aufnahme im Eilverfahren wird es nicht geben – und das ist eine propagandistische Steilvorlage für den Kreml: Seht ihr, liebe Ukrainer, die reichen Europäer wollen euch gar nicht – aber in unserer Eurasischen Wirtschaftsunion wärt ihr hochwillkommen. Die umstrittenen Grenzen wären das geringste Problem – auch Zypern wurde trotz der türkischen Republik Nordzypern EU-Mitglied. Die Ukraine ist aber mit einem Bruttoinlandsprodukt von umgerechnet 4.384 Dollar pro Kopf ärmer als die EU-Aspiranten Albanien und Moldawien – aber mit 41 Millionen Einwohnern so groß wie Spanien oder Polen. Ein EU-Beitritt im Eilverfahren würde jährlich zweistellige Milliardentransfers kosten. Und wer soll in der EU für die geostrategisch vielleicht sinnvolle Idee bezahlen? Der Nettozahler Großbritannien ist auch aus finanziellen Überlegungen aus der EU ausgetreten. Nicht die EU-Kommission, sondern die Mitgliedsstaaten entscheiden über Erweiterungen. Dreistellige Schulden-Milliarden sollen künftig zusätzlich in die angebliche Klimarettung und CO2-Neutralität fließen.

Die anhaltende Zuwanderung aus aller Herren Länder und die nun geplante Aufrüstung kosten ebenfalls unvorstellbare Summen. Würde man davon Abstriche machen, wäre wohl genügend Geld da. Aber wer will das in Brüssel und Straßburg? Und die beste Geldquelle wäre eine Rückbau des Tentakels EU. Wieder mehr Macht und Respekt für die einzelnen Mitgliedsstaaten. Dann wäre die EU auch für Nettozahler wie England oder die Schweiz wieder attraktiv.