© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/22 / 04. März 2022

Rogan wie Rezo setzen auf den Klang
Dinge, die jeder schon mal gesehen hat, aber kaum kennt: Das SM7B ist das Podcast-Mikrofon schlechthin
Gil Barkei

Jeder, der die Podcast-Szene verfolgt oder regelmäßig Videos auf Youtube schaut, hat es bestimmt schon einmal gesehen. Es ist einer dieser Gegenstände, die ständig auftauchen, aber kaum bewußt wahrgenommen werden. Das Shure SM7B ist allgegenwärtig, ohne daß die meisten wahrscheinlich den genauen offiziellen Namen kennen. Wurde das silberne „Elvis-Mic“ mit den markanten horizontalen Aussparungslinien zum Symbol für Gesang und Bühne im Look der Fünfziger und Sechziger, das selbst Einzug in die Emoji-Zeichentastatur gefunden hat, so ist das SM7B weltweit das Podcast-Mikrofon schlechthin.

Joe Rogan (JF 06/22) nutzt es in seiner Show, dem erfolgreichsten Podcast der Welt. Paul Logan, einer der international reichweitenstärksten Influencer, setzt es in seiner Talkrunde „Impaulsive“ ein. Es kommt bei Gamern, „Zerstörer“ Rezo und öffentlich-rechtlichen Funk-Formaten ebenso wie bei rechtsalternativen Audio-Angeboten wie beispielsweise „Von rechts gelesen“ zum Einsatz. 

Dabei begann die Karriere des markanten schwarzen Stimmeneinfängers mit der flachen Windschutzfront bei professionellen Radiostationen. 1976 auf den Markt gebracht, sollte das kompakte und damit handliche SM7 bis dahin beliebte, aber sehr große Broadcast-Mikros ersetzen – und neue Branchen wie die Musikindustrie erschließen.

Michael Jackson nahm sein Album „Thriller“ damit auf

Dies führte einige Jahre später zu einem kaum erträumten Erfolg: Denn nicht umsonst trägt der immer mal wieder ausverkaufte Elektromarkt-Dauerbrenner den Spitznamen „Jackson-Mic“. Der „King of Pop“ nahm damit sein legendäres Album „Thriller“ auf. 

1999 kam mit einem großen „A“ in der Bezeichnung eine verbesserte Brummkompensationsspule dazu, 2001 mit dem „B“ ein größerer Windschutz, doch klangtechnisch ist das Mikro seit den Siebzigern identisch. Liebhaber der US-Firma Shure schwärmen daher von einem vermeintlichen Vintage-Klang, der an die Vinyl-Zeiten erinnere.

Als charakteristisches Nieren-Mikrofon konzentriert sich das SM7B auf frontal eintreffenden Schall, Geräusche von den Seiten werden dagegen ausgeklammert. Der Sprecher sollte also möglichst gerade und nah in das Mikrofon sprechen. Talkrunden mit mehreren Gästen benötigen dementsprechend ein Gerät pro Person. Für einfachere schnelle Aufbauten, bei denen sich zahlreiche Sprecher um ein Mikro in der Tischmitte versammeln, ist das SM7B nicht geeignet.

Und auch bei anderen Punkten heißt es Achtung! Wer schon immer mal irgendwas mit Podcast machen wollte – weil das momentan alle tun – und sich nun die Startausrüstung zusammenkauft, sollte eines bedenken: Ein populäres Mikrofon ist noch lange keine Garantie für ein populäres Format, und ein vergleichsweise hoher Preis von über 350 Euro bietet keine Sicherheit für einen guten Sound. 

Teure Ausstattung ist keine Garantie für Erfolg

Zumal das SM7B nicht in der Hand gehalten werden kann, sondern an einem Tischarm oder Stativ befestigt werden muß. Es wird zwar für seinen warmen, satten, von vielen Produzenten angepeilten Stimmenklang gepriesen, allerdings braucht es dafür ordentlich „Gain“, einen hohen vorverstärkten Eingangspegel, um rauschfreie Lautstärke zu gewinnen. Zusatzgeräte wie ein zwischengeschalteter „Cloud-Filter“ oder leistungsstarke Mischpulte und Audio-Interfaces haben wiederum ebenfalls ihren Preis. 

So mancher Einsteiger ist mit günstigeren Handmikrofonen je nach Einsatzzweck daher oft besser bedient. Doch egal ob Anbieter wie Shure, Neumann, Rode, t.bone oder Sennheiser, am Ende zählt der interessante innovative Inhalt des Erzählten oft am meisten. Also frohen Mutes die „Record“-Taste drücken und loslegen!

Foto: Auch der erfolgreichste Podcaster, Joe Rogan, der Welt nutzt es: 45 Jahre und immer noch einen wohlig-warmen Klang