© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/22 / 11. März 2022

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Genosse Gerd gecancelt
Paul Rosen

Im Fall Schröders sei es „verwunderlich“, daß er trotz seines guten Einkommens in der Wirtschaft von der Bundesregierung zusätzlich ein Büro samt Personal  gestellt bekomme, wunderte sich ein Haushaltspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das war vor zehn Jahren, und passiert ist seitdem – nichts. Jetzt, da Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) wegen seiner nibelungenhaften Treue zum Kreml-Machthaber Wladimir Putin, seinen lukrativen Mandaten im Rußland-Geschäft und seiner noch vor kurzem geäußerten Kritik an der Ukraine unter Beschuß gerät, wird erneut Kritik laut. „Es ist angesichts der Haltung Schröders im Krieg gegen die Ukraine jetzt der richtige Zeitpunkt, dessen Altkanzler-Büro aufzulösen“, forderte der CSU-Finanzexperte Sebastian Brehm.

Allerdings hat sich Schröders Büro zwischenzeitlich weitgehend selbst aufgelöst (JF 10/22). Schröder wie auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) haben nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt Anrecht auf Büros im Bundestag mit mehreren Beschäftigten, zum Teil mit Bezügen in exorbitanter Höhe. Helmut Kohl hatte nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt so ein Büro, Helmut Schmidt auch. Der Büroleiter eines ehemaligen Bundeskanzlers erhält mit der Besoldungsgruppe B 6 bereits ein Grundgehalt von 10.289 Euro. Die Raumkosten werden aus dem Haushaltsplan des Parlaments bezahlt. Hinzu kommt weiteres Personal, das von den früheren Dienststellen wie in den Fällen Schröder und Merkel vom Bundeskanzleramt gestellt wird, bei ehemaligen Bundespräsidenten vom Präsidialamt und bei ehemaligen Bundestagspräsidenten von der Bundestagsverwaltung.

Auch die neue Bundesregierung, von deren Mitgliedern jetzt kritische Töne gegen Schröder laut werden, erklärte noch im Dezember vergangenen Jahres: „Es entspricht einer langjährigen Staatspraxis, daß Bundeskanzlern außer Dienst ein Büro zur Verfügung gestellt wird, um bei der Erfüllung der nachwirkenden Amtspflichten zu unterstützen.“  Und diese „langjährige Staatspraxis“ kommt die Steuerzahler teuer zu stehen. Schröders Büro soll 2017 schon 561.000 Euro im Jahr gekostet haben, teilte die Bundesregierung damals auf eine Anfrage der Linksfraktion mit. Merkels Büro wird sogar noch teurer, da der Kanzlerin insgesamt neun Mitarbeiter, darunter zwei in der besonders hohen Besoldungsstufe B 6, zugestanden wurden. Die Kritik des Bundesrechnungshofes an der „lebenslangen Vollausstattung“ verhallte bisher ungehört.

Schröder plagen derzeit aber vielleicht größere Sorgen als das Personal in seinem Büro, für das sich sicher einige Mitarbeiter finden werden, die ihr eigenes Rentendatum schon in Sichtweite haben und in der Regierung ohnehin nichts mehr werden. Die Bundesregierung ist voll mit solchen Beamten. Schröder droht ein Parteiausschlußverfahren. SPD-Chef Lars Klingbeil hatte ihn ultimativ aufgefordert, seine lukrativen Aufsichtsratsposten niederzulegen. „Die Uhr tickt“, sagte Klingbeil. In der Liste großer Sozialdemokraten auf der Internetseite „SPD.de“ ist der Name Schröder nicht mehr enthalten.