© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/22 / 11. März 2022

Entschuldigung der Woche
„Große Intelligenz“
Florian Werner

Lob ist bekanntlich der schönste Tadel. Vor allem dann, wenn es auf den Lobenden selbst zurückfällt. So ist es zuletzt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit einem Glückwunschschreiben zum 80. Geburtstag der Regisseurin Margarethe von Trotta ergangen. Das deutsche Staatsoberhaupt würdigte die Filmemacherin für ihre Porträts „großer Frauen der Weltgeschichte“, die sich durch „persönliche Stärke“ und „große Intelligenz“ hervorgetan hätten. Die Ehrung herausragender Künstler ist für Steinmeier eigentlich eine Routineangelegenheit. Zu den Adressaten zählen beispielsweise so prominente Namen wie Gerhard Richter und Alexander Kluge. Diesmal allerdings verunglückte das Glückwunschschreiben etwas: In seiner Aufzählung starker Frauengestalten der Weltgeschichte, die in von Trottas Werk eine Rolle spielten, erwähnte Steinmeier neben der Philosophin Hannah Arendt, der Revolutionärin Rosa Luxemburg und der Heiligen Hildegard von Bingen auch die RAF-Terroristin Gudrun Ensslin. Deswegen mußte die Pressesprecherin von Schloß Bellevue nun zurückrudern. „Das ist ganz klar ein Fehler. Eine verurteilte Mörderin gehört nicht in diese Reihe. Wir entschuldigen uns und werden das Glückwunschschreiben korrigieren“, ließ sie wissen. Die CDU spöttelte daraufhin, man solle offizielle Grußworte in Zukunft nicht mehr von Praktikanten schreiben lassen. Die AfD hingegen zeigte sich entsetzt. „Wenn das deutsche Staatsoberhaupt ein führendes Mitglied der linksextremen RAF-Mörderbande als große Frau der Weltgeschichte lobt, stellt sich erneut die Frage nach seiner Eignung für das Amt“, mahnte die stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch. Doch zum Trost und mit Blick gen Osten sei gesagt: Steinmeier ist nicht der einzige Präsident, der in jüngster Zeit mit einem eigentümlichen Geschichtsbild auffällt.