© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/22 / 11. März 2022

Ökoenergien und Atomkraft reichen nicht für die Energiesicherheit
Schwarzbraun statt grüngelb
Jörg Fischer

Der Ukraine-Krieg läßt keinen ideologischen Stein auf dem anderen. Finanzminister Christian Lindner, der einst gern mit der Schuldenbremse hantierte, will 100 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr und doppelt soviel für den Klimaschutz. Doch die FDP-„Freiheitsenergien“ reichen nicht für Industrie, Haushalte und Millionen E-Autos.

Aus Bayern kommen praktischere Ideen: Ludwig Hartmann, seit 2013 Fraktionschef der Grünen im Landtag, forderte am „Sonntagsstammtisch“ des Bayerischen Rundfunks, die Heizung von 22 auf 21 Grad runterzudrehen. Das würde sechs Prozent Erdgas sparen. Der rumänische KP-Chef Nicolae Ceaușescu war mutiger: Sein „Dekret über einige Maßnahmen zur Rationalisierung des Verbrauchs an Naturgasen und Elektroenergie“ verordnete vor 35 Jahren unter zwölf Grad – nur die Wasserleitungen in den Plattenbauten durften nicht platzen.

Hubert Aiwanger, der als Chef der Freien Wähler das Ohr am Volk hat, versprach in der Augsburger Allgemeinen, „auf dem Weltmarkt jede verfügbare Kohle anzuschaffen, die wir bekommen können, um die Lager für mehrere Monate im voraus zu befüllen“. Das Steinkohlekraftwerk Zolling im Landkreis Freising habe Lagerbestände „für mehrere Monate, Nachschub ist bereits auf dem Weg“, versicherte der bayrische Wirtschaftsminister. Aber Zolling liefert nur 542 Megawatt (MW), das benachbarte AKW Isar II hingegen 1.485 MW – doch das soll zum Jahresende abgeschaltet werden. Dessen Laufzeit ließe sich theoretisch verlängern. Auch das 2021 abgeschaltete AKW Gundremmingen (2.688 MW) ist noch nicht gesprengt.

Das Atomgesetz läßt sich ändern. Doch wo sollen kurzfristig die nötigen Brennstäbe und Bedienmannschaften herkommen? Frührentner lassen sich im Ernstfall dienstverpflichten, aber die Ausbildung von Fachkräften dauert Jahre. Einfacher wäre die Reanimation und der Neubau von Braunkohlekraftwerken. Das rheinische Kraftwerk Neurath liefert 4.400 MW, Jänschwalde in der Lausitz bietet 3.000 MW. Und dieses Grubengold ist der einzige heimische Energierohstoff, der ausreichend vorhanden ist. Die auf 36 Gigatonnen geschätzten Reserven reichen für Jahrzehnte. Auch Öl- und Gaslagerstätten gibt es in Deutschland. Und vielleicht entdeckt Lindner das dafür notwendige „Fracking“ bald als „Geheimwaffe“ gegen Kriegszar Putin.