© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/22 / 11. März 2022

Zeitschriftenkritik: Tichys Einblick
Über Grüne und den Roten Drachen
Werner Olles

Daß die Grünen nicht mehr die „Friedenspartei“ sind, die sie am Anfang waren, ist seit dem von ihnen begrüßten völkerrechtwidrigen Krieg gegen Serbien bekannt. Alexander Wendt hat sie sich in der aktuellen Ausgabe (3/2022) des Magazins Tichys Einblick vorgeknöpft und viel Verlogenes zu Tage gefördert. Als Partei der Moralweltmeister und der Pseudoweltoffenheit ist der kritische Bürger ihr Feind. Darin übertreffen sie sogar die Altparteien, gegen die sie sich in ihrem ersten Bundestagswahlkampf vollmundig als „neue Kraft“ empfahlen. In einem Werbespot von 1980 hieß es noch: „Etablierte Politiker und Bürokraten haben sich in Betonburgen eingemauert. Vor wem kapseln sie sich ab? Vor dem Bürger? Jeder von uns sollte sich in einer Bürgerinitiative dagegen wehren!“ Inzwischen sind sie an der Spitze des politischen Establishments angekommen, und natürlich ist ihnen das heute peinlich. Die Bürger, die sich jetzt gegen absurde Corona-Maßnahmen, die massive Verspargelung unserer Landschaften und Naturflächen durch unbrauchbaren Windräder-Zappelstrom, die grünen Programme zur Zerstörung der traditionellen Familie, die irre Erfindung von sechzig Geschlechtern und die Sprachverhunzung durch Gender-Gaga wehren, möchte man am liebsten mit „Schlagstöcken und Pfefferspray“ behandelt sehen, wie eine grüne Bundestagsabgeordnete in schöner Offenheit erklärte. Inzwischen imponiere der Partei „ganz ungeniert“ das chinesische Machtmodell. Wendt ist der Auffassung, daß sie zur Durchsetzung ihrer „großen Entwürfe“ einen Machtstaat fernöstlicher Prägung“ herbeisehnen.

Marco Gallina beschreibt in seinem Beitrag „Wieviel Volkskongreß steckt in uns?“ die „deutlicher werdende fortschreitende Sinisierung“ des gesellschaftlichen Klimas in Deutschland, aber auch in anderen Ländern Westeuropas, die das ehemalige Abendland immer stärker dem „Roten Drache“ angleiche. Gallina registriert einen „Verlust republikanischen Denkens“ und das Zerbröckeln demokratischer Strukturen, die für den Erhalt des Rechtsstaates viel bedeutsamer seien als das banale Mehrheitsprinzip der Demokratie. Er zitiert den französischen Staatstheoretiker Alexis de Tocqueville, der eine Degeneration der Demokratie bereits vor zweihundert Jahren als „Tyrannei der Mehrheit“ vorhersagte. Möglich sei dies, weil wir unseren „geistigen Wohlstand“ bereits vor Jahren verloren und es zugelassen hätten, daß der Grüne Paß zum Ausdruck der guten Staatsgesinnung wurde.

Weitere Beiträge befassen sich unter anderem mit dem „Ersten Leben von Olaf Scholz“ (Hubertus Knabe), dem „Abschied von den Volksparteien“ (Werner Weidenfeld) und der „Ganz Großen Koalition“ (Cora Stephan).

Kontakt: Tichys Einblick GmbH, Bayerstr. 71-73, 80335 München. Das Einzelheft kostet 9,80 Euro, ein Jahresabo 105,60 Euro.

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