© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/22 / 18. März 2022

Geschlechterforschung im Elfenbeinturm
Autoritäres Gendern

Ein Standardargument von Befürwortern des sprachlichen „Genderns“ lautet, daß Kritiker sich stets nur an einem kleinen Ausschnitt dessen abarbeiten, was die linguistische Geschlechterforschung eigentlich interessiert und beschäftigt. Aber selbst diese Auswahl, wendet Peter Eisenberg, emeritierter Professor für deutsche Sprache der Gegenwart (Potsdam) dagegen ein, werde nicht ausreichend daraufhin überprüft, was dem Wortgebrauch, den Linguisten in Laborsituationen des akademischen Elfenbeinturms konstruieren, überhaupt für den öffentlichen Genderdiskurs relevant sei. Diese Prüfung der Praxistauglichkeit unterbleibe regelmäßig. Stattdessen erklinge das monotone Mantra, „Sprache gehört allen Sprecher*innen und Schreiber*nnen“, die das Sprachgeschehen aktiv verändern. Nach dieser Logik könnten dann wohl beliebig viele Autofahrer oder Fußgänger ein Recht auf besondere Verkehrsregeln einklagen, allein weil der öffentliche Straßenraum allen gehöre. Und wie stehe es mit der Luft zum Atmen, dem Trinkwasser, der Gleichheit vor dem Gesetz oder dem freien Wort? Auch dafür paßt „Gehört allen“, aber ohne daß daraus zwingend folge, Sonderrechte für diejenigen beanspruchen zu dürfen, die trinken, atmen, vor Gericht stehen oder ihre Meinung äußern. Das Beispiel zeige: „Sprachliches Gendern vergeht sich an unserem höchsten Kulturgut, führt in den meisten Kontexten zu autoritärem, widerrechtlichem Verhalten und ist undemokratisch.“ Mit Geschlechtergerechtigkeit und Kultursensibilität habe das entgegen der lauten Propaganda der Gender-Lobby jedenfalls „kaum etwas zu tun“ (Aus Politik und Zeitgeschichte, 5-7/2022).


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