© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

Emilia Fester gibt die unverdorbene Idealistin, wird aber schon in ihrer ersten Bundestagsrede beim Lügen erwischt.
Die grüne Unschuld
Eric Steinberg

Die erste Rede im Hohen Haus ist für frisch gewählte Bundestagsabgeordnete immer etwas ehrenvoll Besonderes. Die einen versuchen sich am Rednerpult mit scharfen Argumenten, die anderen sorgen mit ihrem Auftritt zumindest für mediale Aufmerksamkeit. Zweites ist Emilia „Milla“ Fester, der mit 23 Jahren jüngsten Abgeordneten, gelungen. 

In der Debatte um die allgemeine Impfpflicht echauffierte sich die grüne „Jugendpolitikerin“ in Lederjacke über die Freiheitseinschränkungen der vergangenen zwei Jahre: „Ich war, verdammt noch mal, nicht einmal in einem Club, Tanzen, Feiern und all das, was ich so vermisse!“ Fester richtete ihre Rede jedoch nicht an die verantwortlichen Regierungspolitiker, sondern überzog die Ungeimpften mit Kollektivschuldvorwürfen: Hätte sich jeder impfen lassen, wäre sie nun wieder frei, schleuderte sie mit tödlichen Blicken in Richtung der AfD – die für sie natürlich auch an der eingeschränkten Reisefreiheit schuld ist, und daran daß sie zwei Jahre „nicht in der Uni, nicht im Ausland“ war. Dumm nur, daß kurz darauf ein Instagram-Post auftauchte, in dem sie von ihrem Dänemark-Urlaub im Juli 2020 erzählt: „Schön war die Stille.“ 

Dabei hätte die grüne Nachwuchslügnerin wissen müssen, daß das Netz nichts vergißt, gehört sie doch zur Social Media-Generation. Etwa ihre Mitteilung, allen Klimaflüchtlingen, bis 2050 sollen es 200 Millionen sein, EU-Reisefreiheit zu gewähren.

Vor der Bundestagsrede ließ sie ihre Abonnenten und Follower an deren Vorbereitung teilhaben: Feinsäuberlich simulierte Fester das Bundestagsplenum mit einem vor sich auf dem Tisch ausgebreiteten Halbrund aus farbigen Zetteln, jeder versehen mit dem Namen einer Partei. Auf dem Äußersten rechts ersetzte sie AfD allerdings kurzerhand durch den Begriff „Nazis“.

Fester vertritt das Motto „My Body, my Choice“ – freie Entscheidung beim Impfen dagegen: für sie undenkbar! 

Ihre ausufernde Zurschaustellung im Internet fällt ihr nun auf die Füße. So setzte sie sich 2021 auf Youtube für eine „Queerfeministische Gesundheitspolitik“ ein, Motto: „My Body, my Choice“ (mein Körper, meine Wahl). Eine freie Entscheidung in der Impffrage dagegen: für Fester undenkbar!

Für Furore sorgte im nachhinein nicht nur der Inhalt ihrer Rede, sondern auch deren Darbietung. Vor ihrer Karriere als Berufspolitikerin arbeitete die gebürtige Hildesheimerin als freie Regieassistentin am Kinder- und Jugendtheater sowie Jungen Schauspielhaus in Hamburg. Ihre Erfahrung nutzte sie offenbar für ihren Bundestagsauftritt: mit theatralischer Gestik, stets erhobenem Zeigefinger und geschwollener Wortwahl klagte sie über das Leid der jungen Generation – die von politischen Akteuren ja gerne als Spielball mißbraucht wird. 

Auf Twitter prasselte geballte Empörung über Fester herein, der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, bezeichnete sie gar als „Göre“ und „Rotzlöffel“. Der Bundessprecher der Grünen Jugend dagegen, Timon Dzienus, sieht eine Verschwörung von rechts und forderte: „Vollste Solidarität mit Emilia wegen der ganzen rechten Angriffe heute!“ „Milla“ selbst scheint mit ihrer Leistung ebenfalls zufrieden zu sein. So retweetete sie etwa den Kommentar „Die jüngste Abgeordnete des Bundestages hat gerade die beste Rede zum Thema Impfpflicht gehalten, die ich bislang gehört habe“ des Journalisten Jan Schipmann, der für die Öffentlich-Rechtlichen tätig ist.