© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

Robert Habeck bettelt in den Golf-Emiraten um Ersatz fürs Putin-Gas
Despotische Rohstoffe
Jörg Fischer

Der Ampel-Koalitionsvertrag ist eindeutig: „Der Einsatz für Frieden, Freiheit, Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Nachhaltigkeit ist für uns unverzichtbarer Teil einer erfolgreichen und glaubwürdigen Außenpolitik.“ Deswegen reiste kein Regierungsmitglied zu den Olympischen Winterspielen nach Peking. Im ARD-Sommerinterview 2021 philosophierte Annalena Baerbock über eine Absage der Fußball-WM 2022 im Emirat Katar, wo Gastarbeiter ausgebeutet werden und LGBTQIA+ und Frauenquoten kein Thema sind. Die Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) führen mit Saudi-Arabien Krieg im Jemen, um die schiitischen Huthis von der Macht zu vertreiben – 400.000 Opfer soll der Konflikt bislang gekostet haben.

Dennoch ist Wirtschaftsminister Robert Habeck an den Golf geflogen, um von den dortigen Machthabern Ersatz für russisches Erdgas zu erbetteln. Denn egal, ob Wladimir Putin den Hahn zudreht oder ob sich die EU selbst von den russischen Gasfeldern abschneidet, um „Haltung“ im Ukraine-Krieg zu demonstrieren: Ohne Erdgas wären weite Teile der deutschen Wirtschaft arbeitsunfähig und die Hälfte der Haushalte würde im Winter im Kalten sitzen. Etwa 55 Prozent des Gases kamen 2021 aus Rußland; Norwegen (31 Prozent) und die Niederlande (13 Prozent) sind kein realistischer Ersatz – kriegswirtschaftliche Rationierungen durch den „Notfallplan Gas“ wären, wie Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach warnt, unvermeidlich. Doch die dem Grünen-Politiker versprochene „langfristige Energiepartnerschaft“ ist Zukunftsmusik, sie würde neue Abhängigkeiten bringen: zu einer unruhigen, undemokratischen Region und durch teure und verwundbare Lieferungen als Flüssigerdgas (LNG) per Schiff.

Letzteres gilt auch für das LNG aus den USA und Kanada, das zudem durch das umweltproblematische Fracking gewonnen wird. Der Bau der notwendigen LNG-Terminals und der Zusatzinfrastruktur braucht in Deutschland Jahre. Eine weitere Mittelmeer-Pipeline für algerisches Erdgas würde noch viel länger dauern. Es bleibt daher kurzfristig nur der weltweite Aufkauf von Öl und Steinkohle – und ein Weiterbetrieb der drei verbliebenen AKWs (JF 12/22). Daß das geht, wenn man wirklich will, hat Belgien nun vorgemacht: Die Reaktoren Tihange 3 und Doel 4 sollen bis 2035 weiterlaufen.