© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

Die Grünen – Lieblinge der „hippen Künstlerszene“
Heraufziehende Stadt-Land-Konflikte
(ob)

Bei der letzten Bundestagswahl erzielten die Grünen in den Berliner „Hotspots der Künstler und der sie umgebenden Milieus“ Ergebnisse um die 40 Prozent. In den Randbezirken der Hauptstadt lagen sie hingegen bei gerade einmal zehn Prozent. Ähnlich verteilten sich die politischen Vorlieben in Duisburg, wo auf die Grünen im „hippen Rüttenscheid“ 30, im Arbeiterstadtteil Katernberg nur 8,6 Prozent entfielen, und in Dresden, wo die Grünen im Szeneviertel Äußere Neustadt frappierende 41,8 Prozent der Zweitstimmen erhielten. Solche Momentaufnahmen der politischen Geographie der Bundestagswahl signalisieren dem Politologen Lukas Haffert (Zürich) einen sich in der Berliner Republik rasch vollziehenden gesellschaftlichen und kulturellen Umbruch. AfD und Grüne bilden dabei die „Polparteien“ einer sich verstärkenden Stadt-Land-Ungleichheit. Wobei das Wählerreservoir ländlicher Regionen als Rückhalt einer AfD, die dort 44 Prozent ihrer Zweitstimmen gewann, während sie in den Städten nur auf 25 Prozent kam, infolge Überalterung und Abwanderung schwindet. Bereits heute liegen vier der fünf ältesten Regionen Europas in Mitteldeutschland, wo für einige Landkreise bis 2040 Bevölkerungsrückgänge von 20 Prozent zu erwarten seien. Die Städte hingegen wachsen, die grüne Wählerbasis verbreitere sich und der Resonanzraum für deren „urbane“ Werte und Lebensstile vergrößere sich. Sollten CDU/CSU der Versuchung nachgeben, näher an die AfD zu rücken, würde sie sich eindeutig als Partei des ländlichen Raumes positionieren und damit die Land-Stadt-Konflikte, die stets Konflikte politischer Kulturen sind, erheblich verschärfen (Merkur, 3/2022). 


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