© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

Filmkritik Stadt ohne Maske
In den Straßen New Yorks
Werner Olles

In den Filmen der Serie von „Semidocumentaries“ stand anders als in der „Schwarzen Serie“ nicht die Frage im Vordergrund, wie sich Moral in einer korrupten und neurotischen Gesellschaft durchsetzt, sondern wie sich Gerechtigkeit, Mut, Hartnäckigkeit und Fleiß durchsetzen. Zugleich gelang es in Filmen wie „Stadt ohne Maske“ („The Naked City“, USA 1948), die im Film Noir expressionische Kritik an der Gesellschaft auf konkrete Probleme zu beziehen. Im Vordergrund stand die Arbeit der Polizei, und Verbrecher galten als psychopathologische Erscheinung. In Jules Dassins („Rififi“) in Schwarzweiß gedrehtem Film Noir „Stadt ohne Maske“, auf dem die zwischen 1958 und 1963 produzierte TV-Serie „Gnadenlose Stadt“ basiert, wird eine junge Frau in ihrem New Yorker Apartment ermordet. Leutnant Dan Muldoon (Barry Fitzgerald) und seine Kollegen erkennen sofort, daß sie zuerst betäubt und dann ertränkt wurde. Die Suche nach den Mördern des Opfers, das mit einer Diebesbande in Verbindung stand, die sich auf den Raub von teurem Schmuck spezialisiert hatte, führt zu Frank Niles (Howard Duff), einem Ganoven, der mit der Ermordeten ein Verhältnis hatte. 

Im Laufe seiner Ermittlungen erkennt Muldoon, daß Niles und Jean Dexter, das Opfer, Einbrüche organisierten, die von den Gangstern Garza (Ted de Corsia) und seinem Kumpan Backalis ausgeführt wurden. Wegen eines Streits über ihren Anteil kam es zum Mord an Jean, anschließend beseitigte Garza auch Backalis. Dem jungen Polizeibeamten Jimmy Halloran (Don Taylor) gelingt es, Garza zu stellen …

„Stadt ohne Maske“, der auch unter dem Titel „Die nackte Stadt“ im Kino lief, wurde vollständig an den jeweiligen Handlungsorten anstatt im Studio gedreht. Daraus entstand ein faszinierender Blick auf das Leben in den Straßen New Yorks. Kameramann William Daniels lieferte mit seiner Arbeit ein visuell spektakuläres Finale ab, die Originalschauplätze nehmen noch vor den Darstellern die wichtigste Rolle des preisgekrönten Films ein und „zeichnen authentisch, detailliert und sehr eindringlich das facettenreiche Bild der Riesenstadt“ („Lexikon des Internationalen Films“) Jules Dassin drehte nur noch einen weiteren Film in den USA, bevor er wegen seiner früheren Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Berufsverbot erhielt und nach Europa emigrierte. 

DVD: Stadt ohne Maske. Pidax Film-Klassiker, Laufzeit etwa 92 Minuten