© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

Frisch gepreßt

Über den Haß. Bekannt geworden ist der Wuppertaler Philosoph Peter Trawny als Heidegger-Hasser. Ein Ruf, den ihm seine Edition der im Nachlaß überlieferten „Schwarzen Hefte“ einbrachte. Trawny brachte dabei das Kunststück fertig, die darin versammelten zeit- und kulturkritischen Notizen des alemannischen Meisterdenkers, überwiegend gegen die angelsächsischen, nationalsozialistischen und bolschewistischen Regime menschenfeindlicher „Machenschaften“ gerichtet, als Ausgeburt einer Heidegger unterstellten Lektüre der judenfeindlichen „Protokolle der Weisen von Zion“, einer plumpen Fälschung des zaristischen Geheimdienstes, zu „interpretieren“. Sein jüngstes Pamphlet, das sich eher am Rande mit Heidegger befaßt, gilt Adolf Hitlers „Mein Kampf“, dessen Inhalt er im Zustand höchster Wirrnis irgendwie mit dem aktuellen „identitätspolitischen Diskurs“ in Beziehung setzen will. Rat holt er sich dafür bei den üblichen Verdächtigen wie Hannah Arendt und Jacques Derrida, aber auch kleinere Geister wie die preisgekrönte Haß-Expertin und Habermas- Adeptin Carolin Emcke werden in diesem Eintopf verrührt. Am Ende läuft es wieder auf lächerlich Banales hinaus: Erst die „universale Gleichheit aller Menschen“ werde den Wandel schaffen, „der gegen den Haß vollzogen werden muß“. Nur für Archäologen interessant, die vielleicht in einigen Generationen die wunderliche Intellektuellenkultur der späten Bundesrepublik erforschen. (wm) 

Peter Trawny: Hitler, die Philosophie und der Haß. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2022, broschiert, 173 Seiten, 14 Euro





Wenn Staaten töten. Geheimdienstmorde machen manchmal Schlagzeilen. So der „Tiergarten-Mord“ 2019 in Berlin, ausgeführt von zwei Auftragsmördern, hinter denen der russische Geheimdienst FSB stand, die Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi 2018 in Istanbul, der im Konsulat seines Landes gefoltert und zerstückelt worden ist. Oder der spektakulären Fall des russischen Überläufers Alexander Litwinenko, der in seiner neuen britischen Heimat mit Polonium vergiftet wurde und schmerzvoll starb. Aber wer kennt Siegfried Schulze? Geheimdienstexperte Christopher Nehring entreißt Schulze wie über hundert andere Fälle in seinem Buch „Geheimdienstmorde. Wenn Staaten töten“ dem Vergessen. Laut Nehring wurde Schulze im Februar 1975 im Treppenhaus seiner West-Berliner Altbauwohnung mit einem gezielten Handkantenschlag ins Genick angegriffen. Der Schlag hätte tödlich sein müssen, doch er blieb wirkungslos. Es sei zum Kampf mit den Angreifern gekommen, im Laufe dessen der 33jährige nur dank eines aus der Waffe gefallenen Magazins nicht erschossen wurde. Schließlich seien die Angreifer geflohen und erst 1992 sei herausgekommen: Sie waren vom DDR-Geheimdienst MfS rekrutierte Kriminelle. Schulze sei Mitglied der sogenannten „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ gewesen, so Nehring, und habe die DDR immer wieder mit Sprengstoffanschlägen und Plakataktionen auf die Berliner Mauer und mit Hungerstreiks für politische Häftlinge verärgert. Der Fall Schulze ist nur einer der vielen interessanten Berichte Nehrings, um Licht in eine mysteriöse Welt im Schatten der Mächtigen zu bringen. (ctw)

Christopher Nehring: Geheimdienstmorde. Wenn Staaten töten – Hintergründe, Motive, Methoden. Heyne Verlag,, München 2022, broschiert, 320 Seiten, 10 Euro