© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

Kreuzzug einer Staatskirche
Der US-Politologe Paul Gottfried analysiert den Weg des Antifaschismus vom Kommunistischen Kampfbegriff zur Staatsdoktrin der linken Hegemonialkultur, die Andersdenkende als Verbrecher ausgrenzt
Peter Backfisch

In seinem jüngsten Buch, „Antifacism. The Course of a Crusade“ – „Antifaschismus. Der Verlauf eines Kreuzzuges“, warnt der US-Politologe Paul Gottfried vor einem neuen Totalitarismus. Er beschreibt überzeugend, wie der Begriff des Antifaschismus von einem kommunistischen Kampfbegriff zu einer Staatsideologie, ja sogar zu einer „Staatskirche“ (JF 8/22), geworden ist. Unter dem Kürzel „Antifa“ verstehen sich die selbsternannten Antifaschisten als Hüter der herrschenden linken Mainstreamkultur mit den bekannten Positionen zu Klima-, Flüchlingspolitik/Zuwanderung, Rassismus/Antirassismus, Gender Mainstream, Unterstützung der LGBTQ-Gruppen und Cancel Culture.

Mit Kampf gegen Faschismus hat das alles nichts zu tun, ebenso auch nichts mit dem Antifaschismus des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Gottfried sieht die Entstehung des Faschismus als Massenphänomen in Italien, der in der Zwischenkriegszeit zu einem attraktiven Modell für viele nationale Bewegungen in Europa und auch in den USA wurde. Er erklärt die Unterschiede zum Nationalsozialismus, welcher anfangs durch ideologische Distanz zu Mussolini gekennzeichnet war. Spätere Bündnisse wurden wegen weltpolitischer Ereignisse, auch durch die Ententemächte, befördert. In der Beschreibung des historischen Antifaschismus und seines Kampfes gegen die Welteroberungspläne von Hitler und Mussolini zollt er linken Aktivisten, auch den Marxisten, gar große Anerkennung. Ihre Analyse, daß es sich dabei um eine mit der Kapitalistenklasse verbündete konterrevolutionäre Bewegung handelte, findet seine Zustimmung. Hier grenzt er sich von denen ab, die im Faschismus eine „linke Bewegung“ sehen. Auch für Italien läßt er das nicht gelten, Faschismus wurde als „eine Front von Unternehmenskapitalisten und Grundbesitzers“ verstanden.

Gottfried verortet den Beginn der großen Veränderungen der antifaschistischen Ideologie in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als mehr und mehr linke Staatsmodelle populär wurden und letztlich zur hegemonialen Herrschaft führten. Theoretisch sieht er den Beginn aber schon mit dem Aufkommen der Frankfurter Schule, angefangen in den USA und bald mit einer weltweiten Ausrichtung. Behalten haben die Akteure eine vorgegebene linke Gesinnung, sie bezeichnen sich als intersektionale Linke, die das Subjekt der Befreiung der Welt bei allen Unterdrückten oder auch Verdammten dieser Erde (Farbige, Homosexuelle, soziale Minderheiten) sehen. 

Die heutigen Linken sind für ihn keine klassischen Linken mehr, sie sind für ihn großmäulige Tyrannen, die ihren Haß an allen Andersdenkenden auslassen. In den vergangenen Jahren haben sie mehr und mehr die Medien übernommen und üben darin politische, journalistische und erzieherische Macht aus; dabei werden politische Gegner ausgegrenzt und mit Etiketten wie „Faschist“ oder „Nazi“ versehen, um sie damit als böse zu dämonisieren. Unterstützung erfahren sie dabei durch multinationale Konzerne, die in ihnen Wegbereiter zur angestrebten globalistischen Welt ohne Nationalstaaten sehen. Genau hier wird deutlich, wo Gottfried die Veränderung aus Vergangenheit zu den heutigen liberalen Demokratien sieht. Er liefert eine überzeugende Kritik an der Art und Weise, wie liberale Demokratien Macht ausüben und dabei Traditionen und freiheitliche Rechte ihrer Bürger dabei beschränken.

Paul Gottfried: Antifacism. The Course of a Crusade. Cornell University Press, Ithaka (NY) 2022, gebunden, 216 Seiten, 34,95 US-Dollar