© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/22 / 25. März 2022

„Wer sich nicht wehrt, verliert!“
Peter Hahne redet Tacheles
Hans-Hermann Gockel

Gilt die freie Meinungsäußerung nur für diejenigen, die dem „geistigen Wandlitz“, wie Peter Hahne es nennt, genehm und willfährig sind? In einer Zeit, in der Teile des Bürgertums unter existenzbedrohenden Verleumdungen verstummen, meldet sich ein Klartext-Journalist erst recht zu Wort. „Das Maß ist voll“, Peter Hahnes neues Buch, entlarvt die Heuchelei und Klientelpolitik der Besser-Menschen in Klerus, Politik und Medien. Daß er damit für manche Kreise endgültig zur unerwünschten Person wird, dürfte Peter Hahne mit gewohnter Gelassenheit zur Kenntnis nehmen. Wie auch den Vorwurf, lange Zeit selbst ein gut geöltes Rad im heute von ihm kritisierten Mainstream-Getriebe gewesen zu sein. Das prominente ehemalige Gesicht des ZDF war aber nie Speichellecker einer selbsternannten Politiker-Elite. Im Gegenteil.

Nach seinen zahlreichen Bestsellern mit acht Millionen Exemplaren Gesamtauflage nun also „Das Maß ist voll“. Faktenreich, wortgewaltig, aber auch mit Witz und Ironie stemmt er sich gegen die professionell betriebene Volksverdummung: „Theologen und Journalisten gebärden sich gern als allwissende Kernkraft-, Flüchtlings-, Klima- und Corona-Experten. Da träumt der Brunnenfrosch vom großen Ozean.“ Dem dramatischen Versagen der Politiker in der Corona-Pandemie (Hahne: „Das Narrenschiff findet immer neue Eisberge“) widmet er einen ebenso breiten Raum wie dem „System Kirche“.

Der Selbstbedienungsladen einer vom staatlichen Finanzamt eingezogenen Kirchensteuer lasse die klerikale Kaste so lange auf ihren synodalen Irrwegen wandeln, bis der letzte das Licht ausmache. „Regenbogen-Pfarrer“ und „Gender-Bischöfe“ sind ihm ein Greuel. Der tägliche Gender-Murks im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowieso. Hahne fragt seine Leser: „Glauben Sie etwa, daß die Schluckauf-Moderatoren in ARD und ZDF am familiären Frühstücks-tisch, beim Kaffeeklatsch oder am Stammtisch dieses wirre semantische Zeug reden, das sie Millionen hilflosen Zuschauern zumuten?“

Die zentrale Aussage des Buches findet sich auf Seite 138: „Wer sich nicht wehrt, verliert!“ Seinen Standpunkt offensiv zu verteidigen sei der Schlüssel der Überzeugung. Charmanter als Peter Hahne hat noch niemand seine Mitbürger zum kollektiven Widerstand aufgerufen. Hahne selbst geht munter voran. Im Urlaub liest er seit 48 Jahren den Walliser Boten, das Monopolblatt des deutschsprachigen Wallis. Als die Zeitung von heute auf morgen mit dem Gendern beginnt, bittet er den Chefredakteur in einem langen, mit guten Gründen versehenen Brief, diesen Quatsch sein zu lassen. Wenige Tage später erscheint im Walliser Boten die Schlagzeile: „Warum wir nicht mehr gendern!“ Chapeau, Peter Hahne.

Peter Hahne: Das Maß ist voll. In Krisenzeiten hilft keine Volksverdummung. Quadriga Verlag, Berlin 2022, gebunden, 144 Seiten, 12 Euro