© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/22 / 01. April 2022

Nach der Wahl im Saarland
Wen juckt das schon?
Christian Vollradt

War das wirklich eine Landtagswahl? Oder nicht doch eher eine Zeitreise? Ein Drei-Parteien-Parlament, eine Alleinregierung samt absoluter Mehrheit – und dann auch noch mit einer SPD über 40 Prozent: Das klingt alles nach ferner Vergangenheit, nach Altbundesrepublikanien. Und so ist dieser Urnengang vom vergangenen Sonntag nur bedingt übertragbar auf die politischen Kräfteverhältnisse jenseits von Hunsrück und Westrich.

Die Saarländer haben über saarländische Themen entschieden. Sie wollten eine Landesmutter und keinen Landesschwiegersohn mehr, deshalb entschied die sozialdemokratische Herausforderin das Duell so eindeutig für sich. Die CDU-Spitze sah das kommen, ließ Ministerpräsident Tobias Hans fallen, um Parteichef Friedrich Merz nicht zu beschädigen. Riskant. Denn wo sonst ließe sich ein positiver „Merz-Effekt“ beweisen, wenn nicht in Wahlen? 

Völlig unter die Räder im Zweikampf um die Staatskanzlei gerieten die „kleinen“ Parteien. Die Linke, einst schmerzender Stachel im Fleisch der SPD, verkracht und pulverisiert. FDP und Grüne verfehlten die Themen und scheiterten knapp. Und die AfD? Hat, möchte man fast meinen, alles richtig gemacht: Bis aufs Blut zerstritten und ohne Landesliste – so wird man drittstärkste Kraft im Landtag. Wobei zwei ihrer drei Abgeordneten ein Parteiausschlußverfahren am Hals haben. Die Kernwählerschaft scheint das nicht zu jucken. Und wirklich jucken wird die AfD wohl auch weder Regierung noch Opposition im kommenden Landtag.