© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/22 / 01. April 2022

Frisch gepreßt

Transhumanismus. Sie ist zwar kaum noch sichtbar – aber liberal-demokratisch organisierte Gesellschaftsordnungen setzen die rational denkende und handelnde Person voraus, die ihr Leben in Freiheit individuell gestaltet. Im Vergleich zu jeder anderen Menschheitsepoche schien sich diese „autonome Persönlichkeit“ während des Kalten Krieges zumindest in den Ländern des kapitalistischen Westens ansatzweise verwirklicht zu haben. Rückblickend schaut es jedoch so aus, als sei damit der Kippunkt der Zivilisation des „alten Menschen“ bereits überschritten worden. An seine Stelle will die seit 1990 expandierende, in den Laboren von Google & Co. kreierte „kalifornische Ideologie“ des Transhumanismus eine Biomaschine setzen, die durch ständige Modifizierungen ihrer Hard- und Software zum technisch perfekten, möglichst unsterblichen Wesen wird. Nicht durch innere Wandlung, durch Erziehung und Bildung, Moral, Aufklärung und humanistische Kultur soll diese „Optimierung“ gelingen, sondern durch äußere, genetisch-technische Operationen zum Zweck profitablerer Verwertung der „Humanressource“. Diesem sich „vor unseren Augen vollziehenden radikalen Wandel des Menschenbildes“ und dessen unerfreuliche Auswirkungen auf die Lebenswelt der „atlantischen Zivilisation“ widmet sich das Werk des Grazer Fachlehrers Christian Blasge, der erstaunlich kalten Blutes über alle Facetten des transhumanistisch avisierten Untergangs der Menschheit informiert. Eine lohnende, aber nervlich belastende Lektüre. (wm)

Christian Blasge: Der Mensch als Rohstoff. Zwischen Künstlicher Intelligenz und persönlicher Optimierung, Promedia Verlag, Wien 2021, broschiert, 261 Seiten, 22 Euro





Kurz-Skandal. In Österreich scheint einem Skandal der nächste zu folgen. Der Ibiza-Skandal führte nicht nur zum Ende der FPÖ/ÖVP-Koalition, sondern auch zu einem umfassenden Untersuchungsausschuß. Die Erkenntnisse daraus verschoben den Fokus von Heinz-Christian Strache hin zu hohen ÖVP-Politikern. So mußte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz im Oktober 2021 nach Korruptionsvorwürfen zurücktreten. Der FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein legt seine Erkenntnisse zu dieser Thematik umfassend dar, in dem auch auf Unterlagen verschiedener Uuntersuchungsausschüsse zurückgreift. Er schildert, wie sich die ÖVP unter Sebastian Kurz entwickelte und wie zwielichtig dessen Aufstieg ablief, mitsamt Patronagen und Seilschaften durch die ganze Republik. Mit seinen Getreuen arbeitete Kurz kontinierlich am türkisen Österreich, wobei viele moralischen Grenzen verletzt wurden. Dieser „schwarze Faden“ sei laut Jenewein immer noch bittere Realität in der ÖVP. (ew)

Hans-Jörg Jenewein: Der schwarze Faden. Freilich Verlag, Wien 2021, broschiert, 201 Seiten, 19,90 Euro