© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/22 / 08. April 2022

Blick in die Medien
Kein Stich ohne Spritze
Tobias Dahlbrügge

Mit Vergnügen heißt ein Online-Lifestyle-Magazin, das in Berlin erscheint und Regionalausgaben für Hamburg, München und Köln produziert. In Rubriken wie „Food“, „Guides“ und „Klubs“ findet man Beiträge wie „11 Restaurants in Hamburg für einen romantischen Valentinstag“. Typisches Klickfutter halt.

In der Hamburger Ausgabe macht sich Redakteurin Martyna Rieck tiefschürfende Gedanken über gesellschaftlich relevante Fragen: „Kann man eine*n Impfgegner*in daten?“ Ja, geht denn das? Darf man das?

Die gebürtige Polin, über die zu lesen ist, daß sie gerne bruncht und Selbstgedrehte raucht, möchte uns mit „Tips, Ratschlägen und Ich-Geschichten zur Seite stehen“, für den Fall, daß wir einen neuen Flirt kennenlernen. Darum erfahren wir, wie es einer ihrer Freundinnen erging: „Stellt euch mal vor, ihr seid auf Tinder unterwegs, seht eine Person, die euch gefällt und erkennt dann erst, daß sie sich nicht hat impfen lassen und dies auch nicht vorhat.“ 

Genau das widerfuhr der Freundin: „Offen war sie. Ungeimpft war er. Das wußte sie aber leider nicht. Hätte sie mal auf das nicht vorhandene Spritzensymbol auf Tinder geachtet.“ Denn „Impfgegner sind nach Corona definitiv Teil der gleichen Dating-No-go-Liste geworden, der Jahre zuvor schon AfD-Wähler hinzugefügt wurden.“

Wichtig, daß das Gegenüber „eine Meinung vertritt, die in der Wissenschaft verankert ist und nicht in Q-Anon-Foren.“

Das Ende der Geschichte: „Ein zweites Date wird es nicht geben, meint sie. Logo. Was es jedoch gab, war eine recht ehrliche Unterhaltung mit einem Menschen, die es, wäre er in der App aufrichtig gewesen, wohl nie gegeben hätte.“

Rieck empfiehlt, „keinen Impfgegner daten, denn es gibt nichts Ungeileres, als sein körperliches Wohlbefinden zu riskieren“. Zudem sei es wichtig, daß das auserkorene Gegenüber „eine Meinung vertritt, die in der Wissenschaft verankert ist und nicht in Q-Anon-Foren.“

Der Berliner Verlag sollte eine offizielle Stelle für Heiratsgenehmigungen etablieren, mit Martyna als Prüfkommissarin – entschieden wird nach Impfstatus, Gesinnung und Schädelvermessung. Gibt es eigentlich auch Apps, die vor aggressiv-dummen, bildungsfernen Lifestyle-Redakteusen warnen?