© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/22 / 08. April 2022

Mal was anderes als von der Stange
Mey & Edlich – eine andere Welt von Männermode
Boris T. Kaiser

Es gibt eine Sehnsucht nach echter, traditioneller, ursprünglicher Männlichkeit. Das zeigt nicht zuletzt der Trend zum Bart, der sich in den letzten Jahren gerade in der jüngeren Generation entfaltet hat. Ein Modeunternehmen, das diese neue alte Lust an der Maskulinität auf höchstem Niveau bedient, ist das Versandhaus „Mey & Edlich“. 

Die einstige Stoffwäschefabrik präsentiert sich im Netz als Ausstatter für Herren, die sich ihrer Rolle als solche noch bewußt sind. In einem auf Youtube abrufbaren Werbespot lebt das dort gezeigte, natürlich barttragende Model ein Leben, das mit Fug und Recht als klassischer Männertraum bezeichnet werden kann. 

Alles begann mit abknöpfbaren Hemdenkragen 

Morgens in der Fliegerjacke ein paar Runden mit dem eigenen Segelflugzeug drehen, nach Einbruch der Dunkelheit ein bißchen im Flanellhemd und festem Schuhwerk im Wald am Lagerfeuer sitzen, sich danach den Dreiteiler überstreifen und in einer gediegenen Bar einen schnellen harten Drink genehmigen, bevor man dann zu Hut und Lederjacke greift, um diesen rundum gelungenen Tag im Spotlight der Scheinwerfer ausklingen zu lassen. Hach, das Leben könnte so schön sein. Bei „Mey & Edlich“ kann man(n) sich zumindest schon einmal die Outfits für diesen Lifestyle bestellen.

Lederwerk, Krawatten, Einstecktücher, wetterfeste Pullover, Hemden für jeden Anlaß und vieles mehr. Einfach alles, was das moderne – und dennoch traditionsbewußte – Männerherz begehren könnte. „Urahnen-Hemd“ nennt sich eines der im Shop erhältlichen Stücke. Es ist eine „Reminiszenz an das urgroßväterliche Arbeitshemd“, so erklären es die Betreiber. Nicht das einzige Produkt im Angebot, das schon durch seine Benennung und die dazugehörige Beschreibung die etwas andere Herangehensweise des Online-Shops zeigt. Gleich eine ganze Linie der ostdeutschen Traditionsmarke trägt den schönen Namen „Blutsbande“. So etwas dürfte man in den Geschäften von „Zara“ und „H&M“ wohl eher vergeblich suchen. Zur Kollektion „Blutsbande“ von „Mey & Edlich“ gehören unter anderem: T-Shirts, Polohemden, schicke Sneaker oder eine klassisch sommerliche Chinohose. 

 Die Namensgebung der verschiedenen Kleidungsstücke ist durchaus mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Gerade auch dort, wo es eher leger zugeht. Eine Unterhose wird verheißungsvoll als „Glücksbringer-Pants“ angepriesen. Zudem gibt es eine „Non-Jogging-Hose“ zu erwerben. Auch wenn letzteres Angebot den unvergessenen Modepapst Karl Lagerfeld wohl in seinem Grabe rotieren lassen dürfte.

 Bei aller Lockerheit ist und bleibt die Liebe zum Traditionellen aber das markanteste Merkmal bei „Mey & Edlich“. Auch auf die eigene Unternehmenstradition ist man sichtlich stolz. Ausführlich – und mit zahlreichen alten Dokumenten unterfüttert – berichtet das mitteldeutsche Modehaus über seine Wurzeln und Entwicklung im Lauf der Jahrhunderte. 

Beginnend mit den Anfängen in Paris, wo Carl Ernst Mey im Jahre 1866 völlig begeistert das Patent auf abknöpfbare Hemdenkragen und Manschetten aus Papier erwarb. Mit seiner Begeisterung konnte Mey auch seinen Jugendfreund Franz Emil Bernhard Edlich anstecken – und ihn so als Teilhaber gewinnen. Produziert werden sollte von nun an in Leipzig. Zu diesem Zweck wurde 1870 ein Fabrikgebäude im historischen Handelszentrum Mitteldeutschlands gekauft. 

Das Unternehmen „Mey & Edlich“ war geboren. Es folgte ein rasanter Aufstieg – bis hin zur Ernennung zum königlich-sächsischen Hoflieferanten. Und obgleich die Inflation der 1920er Jahre auch an „Mey & Edlich“ nicht spurlos vorbeigeht, wird der abknöpfbare Kragen, mit rund 36 Millionen Verkäufen pro Jahr, zum absoluten Absatzschlager – und zum Grundstein einer sich bis heute stetig weiterentwickelnden Modetradition.

Foto: Aus einem Mey & Edlich-Katalog: Wer den dazu passenden Podcast hören möchte – einfach den obigen QR-Code scannen