© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/22 / 15. April 2022

Zeitschriftenkritik: Cato
Kriegszeiten und neue Bündnisse
Thorsten Thaler

Wie immer der Krieg in der Ukraine ausgeht, Rußland wird sich geschwächt und nach Westen hin isoliert wiederfinden.“ Das prognostiziert der Rußlandexperte und Putin-Biograph Thomas Fasbender in der soeben erschienenen Ausgabe des Cato-Magazins (Nr. 3, April/ Mai 2022). Der Unternehmer und Publizist lebte von 1992 bis 2015 in Moskau und reiste erst kürzlich wieder für die Schweizer Weltwoche dorthin. Die dreihundert Jahre Orientierung auf Europa, eingeleitet durch Zar Peter den Großen, seien laut Fasbender vorbei. Um Polen wachse erneut ein „starker Riegel“ von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. Rußland werde seine eurasisch-orientalische Integration forcieren, China und Indien würden  die westlich-russische Eiszeit für sich als Chance erkennen.

Daß Rußland sein eurasisches Bündnis mit China bekräftigt habe und Sympathiebekundungen unter anderem aus Indien erhalte, meint auch der Althistoriker David Engels in seinem „Brief aus Warschau“. Seine Sorge gilt Polen, das zum Frontstaat eines neuen Kalten Krieges werde, falls die Ukraine den Krieg verlieren sollte. Werde sie gerettet, dürfte das Putins politisches Ende bedeuten und „möglicherweise zum inneren Zerfall“ Rußlands führen. Dann, so Engels, könnte der Weg offenstehen für das Drei-Meere-Bündnis von zwölf mittel- und ostmitteleuropäischen Staaten zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria, „das nicht nur ein Gegengewicht zu Rußland auf der einen und dem deutsch-französischen Tandem auf der anderen Seite werden könnte, sondern auch eine neue Bastion des christlich-abendländischem Konservatismus“.

„Permanente Kulturkämpfe von links zermürben die westlichen Länder“, leitet Julian Schneider seinen Essay „Das woke Psychodrama des Westens“ ein, „sie durchlöchern die traditionellen kulturellen und sozialen Grundlagen, wollen historische Identitäten brechen“. Er zitiert den Vorsitzenden der britischen Konservativen, Oliver Dowden, wonach gerade jene, die sich für „woke“ – aufgeweckt – halten, die Freiheit und Demokratie aushöhlen. Die woke Ideologie verbreite sich inzwischen überall: im Bildungssystem, in den Sozialwissenschaften, den Kultureinrichtungen, in Konzernen und Verwaltungen. Der Tory-Chef nennt sie eine „gefährliche Form der Dekadenz“. Der in London lebende Schneider berichtet von Denkmalstürzen und Wellen der Cancel Culture im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung in den USA und in Großbritannien sowie von Auswüchsen der (Trans-)Gender-Ideologie.

Weitere Beiträge befassen sich unter anderem mit den Wurzeln der Eugenik, der Schriftstellerin Brigitte Kronauer und den Komponisten Karlheinz Stockhausen und Pierre Boulez.

Kontakt: Cato Verlag GmbH, Fasanenstraße 4, 10623 Berlin. Das Einzelheft kostet 15,20 Euro, ein Jahresabo 79 Euro.  www.cato-verlag.de