© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/22 / 15. April 2022

Schreckensbilder aus dem Reich der Mitte
Alexandra Cavelius und Sayragul Sauytbay blicken hinter die Fassade Chinas mit seinem Unterdrückungssystem und Konzentrationslagern
Werner Olles

Es gehört Mut dazu, sich mit der mörderischsten Diktatur der Welt anzulegen und die zahllosen Verbrechen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) offen beim Namen zu nennen, denn der geheimdienstlich-terroristische Arm des totalitären Regimes reicht weit. Die Autorin und Journalistin Alexandra Cavelius und die kasachische Medizinerin, Schuldirektorin und ehemalige KPCh-Funktionärin Sayragul Sauytbay legen mit „China-Protokolle“ ein Buch vor, das China nicht nur die politische und wirtschaftliche Einflußnahme in Europa, Ostasien und Afrika vorwirft, die von Aggressivität, äußerster Rücksichtslosigkeit und systematischer Ausbeutung geprägt ist. 

Die Autoren vertiefen auch ihre bemerkenswerte Analyse, indem sie Pekings perfide Politik der letzten sieben Jahrzehnte aufzeigen, die von der völkerrechtswidrigen Okkupation Tibets, der Unterdrückung und Vertreibung der Tibeter und ihrer Ersetzung durch Chinesen, der ständigen militärischen Bedrohung der von der im Bürgerkrieg unterlegenen national-chinesischen Kuomintang gegründeten unabhängigen Insel-Republik Taiwan, dem früheren Formosa, der permanenten Bespitzelung und Repression der Bürger Hongkongs bis zum Völkermord an den muslimischen Uiguren in Ostturkestan, der Auslöschung der Anhänger der buddhistischen Meditationsschule Falun Gong und der Zerschlagung der romtreuen Katholischen Kirche zugunsten einer der Partei hörigen Sekte reicht.

Eindrücke aus den abgeschotteten Konzentrationslagern Xinjiangs 

Schwerpunktmäßig befassen sich die Autorinnen zwar mit den Menschenrechtsverletzungen der KPCh, doch kommen auch die Welteroberungspläne Pekings zur Sprache, die sie bereits in ihrem Bestseller „Die Kronzeugin“ (München 2020) mit eindrucksvollen Dokumenten belegten. Seit 2017 hat Peking die Nordwest-Region nachweislich mit einem Netz hochmoderner Konzentrationslager überzogen, die vom Regime schöngefärbt als „Berufsbildungszentren“ bezeichnet werden, in denen in „freiwilligen Bildungsmaßnahmen“ „extremistisches Gedankengut“ bekämpft werde. Hier werden hautsächlich Uiguren, aber auch andere ethnische Minderheiten wie Kasachen, Tataren, Usbeken, Tadschiken und Mongolen nicht nur mittels physischer und psychischer Gewalt ihrer Kultur, Religion und Identität beraubt, sondern auch als rechtlose Arbeitsklaven bis zur völligen Erschöpfung ausgebeutet und mit modernster Technik sowie mittelalterlichen Foltermethoden oft bis zum Tod gequält.

Chinas Großmachtpläne sehen vor, bis 2049 an der Weltspitze zu stehen. Dazu dient ein unüberschaubares Netz aus Flughäfen, Häfen, Pipelines, Stromnetzen und Zugstrecken in Asien, Afrika und Europa. Sogar eine „polare Seidenstraße“ ist geplant, die Welt soll nach dem Willen Pekings geopolitisch neu geordnet werden. Inzwischen gelangen jedoch immer mehr Filmaufnahmen aus den abgeschotteten Konzentrationslagern Xinjiangs an die Öffentlichkeit. Sie zeigen unvorstellbare Grausamkeiten: Säuglinge, die in den Kinderlagern weinend nach ihren Müttern rufen, Zwangsarbeiter, die im eiskalten Winter auf der nackten Erde schlafen müssen, blutjunge uigurische Mädchen, die als Sklavinnen chinesischen Gästen sexuell zur Verfügung stehen, bis auf das Skelett abgemagerte Menschen, die sterbend auf ihren Pritschen liegen und neue Umerziehungs- und Arbeitslager in Tibet und der Inneren Mongolei, wo die Kinder gewaltsam gezwungen werden, Chinesisch zu lernen.

Es ist höchste Zeit, sich gegen die aggressive geostrategische und menschenverachtende Politik der KPCh entschieden zu wehren und allen Bürgern den Terror und das Grauen in den weltweit größten Konzentrationslagern vor Augen zu führen, wenn wir nicht eines Tages in einem ähnlich totalitären System aufwachen wollen. Für ihren Mut, den Lesern die Wahrheit über Rotchina und die KPCh gezeigt zu haben, gebührt den Autorinnen unser Dank.

Alexandra Cavelius, Sayragul Sauytbay: China-Protokolle. Vernichtungsstrategien der KPCh im größten Überwachungsstaat der Welt. Europa Verlag, München 2021, gebunden, 416 Seiten, 22 Euro