In Schweden wurde das mit dem Ende des Kalten Krieges verabschiedete Gesamtverteidigungskonzept der „Total defence“ (Totalförsvaret) wiederbelebt und die Wehrpflicht kurzerhand wiedereingeführt. Seither stimmt Schweden seine Bevölkerung auf die Verteidigung gegen einen Gegner ein, der das Land angreifen könnte. Als potentiell unfriedlicher Nachbar identifiziert wurde: Rußland.

Und auch Finnland liebäugelt mit dem Beitritt zur Nato. Finnland, das eine historische und kulturelle Nähe zu Rußland hat und stets sein Modell der Neutralität, das Rücksicht auf die russischen Sicherheitsinteressen nahm, gegen Kritik der baltischen Nachbarn verteidigte. Während die Balten längst Teil des Atlantikpaktes sind, war Finnland stets um Deeskalation und gute Beziehungen zu Moskau bemüht. Der Überfall auf die Ukraine ändert jetzt jedoch alles. Premierministerin Sanna Marin rechnet mit einer baldigen Entscheidung Finnlands zum Nato-Beitritt. Und die Demoskopen geben ihr recht: Inzwischen wollen 60 Prozent der Finnen in die Nato.

Im Grunde hat der Kreml mit seinem Krieg die gesamte Argumentationslinie bezüglich der russischen Sicherheitsinteressen selbst demontiert und die Nato vitalisiert. Länder im Osten Europas, die ihr aus Skepsis gegenüber Moskau beigetreten sind, fühlen sich in ihrer Entscheidung bestärkt. Putin hat die Einkreisung Rußlands durch die Nato nicht verhindert, sondern er wird sie vermutlich vollenden.