© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/22 / 22. April 2022

Eine Rekonstruktion der Kolberger Museumsgeschichte
Heroenkult und Kolonialismus
(wm)

Eine gründliche Darstellung der Museen der pommerschen Hafenstadt Kolberg gibt es bis heute nicht. Bei der Zerstörung im März 1945 gingen nicht nur sämtliche Sammlungen, sondern auch fast alle zeitgenössischen Quellen dazu verloren. Dieses Schicksal teilen die Kolberger Bestände mit dem unzähliger ostdeutscher Museen, speziell jenen Heimatmuseen, die in den 1920ern in den vom Versailler Diktat stark betroffenen östlichen Grenzprovinzen des Reiches wie Pilze aus dem Boden schossen. Dem Stralsunder Historiker Peter Danker-Carstensen ist es gelungen, anhand von Artikeln aus der zeitgenössischen Lokalpresse sowie durch Auswertung einiger Nachkriegspublikationen vertriebener Heimatforscher wenigstens die Geschichte der Kolberger Museen in Umrissen zu rekonstruieren (Pommern, 4/2021–1/2022). Im Mittelpunkt steht dabei die Beleuchtung einer erinnerungspolitischen „Neuordnung“ nach 1933. Weg von der breiten Repräsentation der hansestädtischen Vergangenheit Kolbergs, hin zum Heroenkult um Gneisenau, Schill und Nettelbeck, die 1807 Stadt und Festung gegen Napoleons Belagerer behaupteten. Im Fall des in Übersee engagierten Kaufmanns Joachim Nettelbeck habe man sich zudem „krampfhaft um eine museale Abstützung des künstlich belebten Kolonialgedankens“ bemüht. 


 https://zsp.pommerscher-greif.de