© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/22 / 29. April 2022

Sven Lehmann ist der erste Queer-Beauftragte der Bundesregierung – und nutzt das für ungehemmten Aktivismus.
Bürgerliche Faschisten!
Martin Voigt

V orsicht bei Diskussionen mit Sven Lehmann. Der grüne Fundi ist seit Januar Staatssekretär im Familienministerium. Aber Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen, provozieren ihn so sehr, daß der erste Queer-Beauftragte der Bundesregierung – das Amt bekleidet er außerdem – in die Rolle eines Aktivisten verfällt.

Dies bekam nun eine Mutter zu spüren, die in einem in der Zeitschrift Emma publizierten offenen Brief ebenso eindringlich wie höflich an ihn appellierte, zu verhindern, daß Kinder ab 14 Jahren künftig ohne Zustimmung der Eltern rechtlich ihr Geschlecht ändern können. Doch zur Antwort bekam die besorgte Frau, die nicht vergaß zu betonen, daß sie „klar links steht“ und ihr „Diversität und Akzeptanz aller Arten von Anderssein am Herzen liegen“, ihre Bitte „strotzt nur so vor Queer-/Transfeindlichkeit, Homophobie, Adultismus und elterlichem Machtgehabe“ und könne ebenso von „transphoben, evangelikalen Christ*innen oder bürgerlichen Faschos“ stammen, wie ein anderer Nutzer schimpfte, dessen Tirade Lehmann auf seinem Instagramprofil teilte.  

Ein Kind soll bald auch vier sorgeberechtigte Eltern haben können, gerne auch vier Väter oder vier Mütter. 

Der 42jährige Kölner, geboren im nahen Troisdorf, punktet auch sonst in der queeren Polit-Blase: Sich selbst beschreibt er als Weltverbesserer, Idealist, Hedonist und Feminist, dem besonders das bedingungslose Grundeinkommen, Kinderrechte und die Regenbogenfamilien am Herzen lägen. Ein Kind soll bald auch vier sorgeberechtigte Eltern haben können, gerne auch vier Väter oder vier Mütter, so der kinderlose Pädagoge und Politologe, denn ein normales Familienmodell gebe es ja ohnehin nicht mehr. 

Mit seinem jugendlichen Auftritt – Jeans, T-Shirt, Sakko, Grinsen – könnte Lehmann immer noch als Sprecher der Grünen Jugend NRW durchgehen. Doch der Hoffnungsträger des Lesben- und Schwulenverbands hat Karriere gemacht, 2010 bis 2018 war er Landesvorsitzender der Grünen und im Bundestag, in den er 2017 einzog, Sprecher für Queer- sowie für Sozialpolitik.

Und sonst? „In der Freizeit schlägt mein Herz für gutes Essen, Kino und Sport.“ Der Lehmann, ein netter Typ im „Kanditat:innen-Check“ des WDR kurz vor der Wahl 2021. Im Podcast „Queerkram“ wird er privater: Sein Herzensmann ist seit zwanzig Jahren Arndt Klocke, bis 2020 Fraktionschef der Landesgrünen. Es ist eine Beziehung mit „sexuellen Freiräumen“ und aktiven Profilen auf Dating-Seiten, wie alle Welt weiß, denn „daß wir eine offene Beziehung haben, ist nichts, was man verstecken muß“, findet Lehmann. Und großzügig fügt er an: „Ich würde das auch den Heteros gönnen und wünschen. Das ist eine Errungenschaft unserer schwulen Kultur.“

Lehmanns Leben ist ohne Widersprüche, und seine Argumente? Das in der Szene erhöhte Risiko für Depressionen und Suizide, liege an der gesellschaftlichen Diskriminierung von LGBTQ. Doch daß sich plötzlich Zehntausende Mädchen für „trans“ halten und eine Geschlechts-OP wollen sei Indiz, daß eben jene Gesellschaft offener geworden sei, argumentiert Lehmann, offenbar immer gerade so, wie es ihm paßt.

Nun freut er sich aber auf den ersten Bundesaktionsplan für Akzeptanz sexueller Vielfalt, der „Peer-basierte Angebote aus der Trans-Community“ stärken soll, denn die habe das „nötige Einfühlungsvermögen für die Begleitung von (Geschlechts)-Transitionen“. Klar, Eltern sind ja nur transphobe Faschos.